Fred „Toots“ Hibbert -Toots in Memphis

Über seinen ganz privaten Memphis-Blues sang Bob Dylan 1966 auf dem BLONDE ON BlONDE-Album. Die Stadt, die Chuck Berry sieben Jahre vorher im gleichnamigen Song verewigt hatte, gehört längst zu den legendenumrankten Orten auf der amerikanischen Rock’n’Roll-Landkarte, die man mit einer endlosen Liste berühmter Namen assoziiert, angefangen mit den Rockabilly-Pionieren von Sun Records über den Memphis-Soul-Sound von Stax/Volt und Willie Mitchells Hi Records bis hin zu jener Stätte kultischer Verehrung, auf die sich Paul Simons „Graceland“ bezieht. Daß Ska/Bluebeat/Reggae-Sänger Toots nach jahrelanger Studio-Abstinenz an diesem Ort sein Comeback-Album aufnahm, muß niemand wundern: Er war nicht erst seit seinem Bekenntnis „Reggae Got Soul!“ ein großer Fan der Memphis-Tradition. Toots kennt ihre „Großen“ (Otis Redding, AI Green, Ann Peebles) genauso wie die „Kleinen“ ä la James Carr oder Jackie Moore seit zig Jahren. Es wäre allerdings ein Irrtum, würde man diese Cover-Versionen nur als eine nostalgische Hommage an die Idole seiner Jugend verstehen. Ganz nebenbei belegt er mit seinen Interpretationen nämlich auch die zeitlosen Qualitäten dieser Kompositionen — und seine ganz große Klasse als „Seelenverkäufer“. Eingespielt mit hochkarätigen Studio-Cracks und produziert von Memphis-Legende Jim Dickinson (Ry Cooder, Replocements usw.), ist das hier für mich mit Abstand das beste Soul-Album seit Eddie Hintons so gefühlvoll notierten LETTERS FROM MISSISSIPPI. Von demselben Eddie Hinton, der auf TOOTS IN MEMPHIS in bester Steve Cropper-Tradition Gitarre spielt! Anders als bei „reisenden Wilburys“ können familiäre Treffen also auch musikalische Sternstunden sein.