Funkisoul
Genau wie mit Love Wars vor 18 Monaten, tauchen Womack & Womack jetzt wieder mit einem Set auf, in den man vielleicht nicht über Nacht, wohl aber nach und nach versinkt. Vor allem die Balladen auf Radio M.U.S.C. Man (WEA 960 406-1) sind es, die am langsamsten wirken und am längsten nachklingen. Wie schon bei „Love Wars“ (wo sie Gospel-Choräle mit Gap Band-Grooves verheirateten!) starten Cecil und Linda Womack hier mit einem donnernden Dancer durch, „No Relief“, leider nicht ganz so elegant ausgeführt, aber eben doch jedesmal zupackend, wenn sich ihre Stimmen zu dem mächtigen Refrain vereinen.
Am wohlsten scheinen sich beide Stimmen aber zwischen den diskreten Down-Tempo-Arrangements von „Nightrider“ (das Intro ist vom jüngsten Hit der Temptations, „Treat Her Like A Lady“, gelittet!) und „Eyes“ zu fühlen, beides herzzerreißende Appelle einer am Boden zerstörten Frau an ihren Lover, wieder zur Vernunft zu kommen. Aus femininer Sicht geschrieben, sind mir ihre Songs am liebsten: das Soul-Melodram „Romeo & Juliet“ ist in all seiner erschütternden Brillanz das vielleicht beste Beispiel dafür.
Warm und willkommen auch die Single „Strange And Funny“ mit ihrem delikaten Doppel-Refrain und „Love’s Calling“, bei dem Sam Cooke Co-Writer-Credits erhält. Nennt das Ganze Love Wars, Akt 2, wenn ihr wollt wahrscheinlich ist Radio M.U.S.C. Man gerade deswegen so gottverdammt gut! (5) AI Hudsons One Way kommen bei Wrap Your Body (WEA 252 170-1) mal wieder so richtig schön in Fahrt. „Let’s Talk“, der Opener, ist eine Monster-Jam ä la „Cutie Pie“ oder „Mr. Groove“, beginnend mit einem vorgeschalteten Hörspiel. ER: „Ah, can I talk to you for a minute?“ Sie: “ What is it you wanna talk about?“ Er: „Ha, you know…“ Sie: „What do you mean? What are you trying to say?“ Zusammen: „We//…(Drumskicken los, Synth-Bässe klatschen dazwischen, Gitarren klinken sich ein)…Let’s talk about Sex/how does it make you feel?/tell me if you like it/ Baby, what’s the deal?“ – Unwiderstehlich!
Andere Groove-Marathons wie der Vocoder-eingeläutete Freak-Funk von „Servin It“ sind Bar-Kays/Gap Band-erprobte Routine-Dance-Exkursionen; ihr wahres Gesicht zeigen One Way wie immer bei ihren Balladen, die glücklicherweise 50 Prozent dieses Sets ausmachen. Besonders hoch anzurechnen sind ihnen hier die quälend schöne Soul-Romanze „More than Friends, Less Than Lovers“ und „Believe In Me“, das Hudson im Duett mit Candyce Edwards-Ersatz Ewana Wilson croontzwei Slowies, die fast schon allein den Preis der Platte wert sind! (4) Wiedervereint mit ihrem ehemaligen Produzenten, dem haarsträubend überschätzten Nile Rodgers, präsentieren sich Sister Sledge bei When The Boys Meet The Girls (WEA 781 255-1), einer lebhatten, leichtgewichtigen Pop/Funk-Kollektion. Zu leichtgewichtig oft für meinen Geschmack, wenngleich wir von Rodgers nach seinen letzten Projekten Schlimmeres gewohnt sind.
Das Schlimmste an diesem Set ist wohl, mitanhören zu müssen, wie sich Kathy Sledge mit den platonischen Platitüden der Single „Frankie“ herumschlägt; jegliches Verständnis fehlt mir auch dafür, daß Rodgers hier gerade die Anwesenheit einer einzigen Ballade duldet, „You Need Me“, die zu allem Unglück kaum der Rede wert ist.
Uptempos liegen ihm eher: „When The Boys Meet The Girls“ und „You’re Fine“ sind zwei munter joggende, Chic-gestytte Dancer, bei denen seine unvergleichliche Gitarren-Pyrotechnik schon die halbe Miete ist, Und auch das luftige und leichtherzige „The Boy Most Likely“ hat viel von der Smartness, die seine beste Arbeit kennzeichnete., Star der Show ist fraglos der Bläser-angepeitschte Funk-Stomp „Dancin‘ On The Jagged Edge“; ansonsten fällt auf, daß Rodgers den Stimmen von Kathy, Kim, Joni und Debbie wenig Platz reserviert hat, um richtig aus sich herauszugehen. (3) Solar-Songbird Carrie Lucas hat sich mit ihrem sechsten Album – Horsin‘ Around (Constellation/TSR 33 1001) fast drei Jahre Zeit gelassen. Leon Sylvers, der für ihren Soul-Smash „Show Me Where You’re Comin‘ From“ sorgte, stand ihr diesmal nicht bei (der Mann hat unlängst mit Motown paktiert), dafür bekam die Lady Bill Simmons & Jeffery Cooper (Midnight Star), Stephen Shockley (Lakeside), Fenderella Irby (Klymaxx) und Bill Wolfer (für Vanitys gräßliches Debüt verantwortlich) zur Seite gestellt. Mit den unterschiedlichsten Resultaten. Am besten macht sich ihr Revival des Barbara Lewis-Klassikers „Hello Stranger“ von ’63. Und auch die andere Coverversion – „Goin‘ In Circles“, der ’69er Friends Of Distinction-Hit – weicht nicht allzu weit vom Original ab und erstrahlt hier in neuem Glanz.
Daneben gibt es mit „Charlie“ noch einen recht schlagkräftigen Dance-Track, aber auch billige MOR-Radio-Munition wie „Horsin‘ Around“. Und von dem auf „Holiday“ getrimmten „Summer In The Street“ hätte Carrie besser die Finger gelassen. (3) Ein Debüt in der Freddie Jackson/Alexander O’Neal-Kategorie bringt uns Lonnie Simmonss Total Experience-Talentpool mit Will Kings Backed Up Against The Wall (Total Ex. TEL 6-5710). King ist mit einer gewaltigen Stimme gesegnet, die – vor allem bei ihren geraunten Impromptus-atemberaubend dicht an AI Green herankommt. Kein Wunder, daß hier alles darauf abgestellt ist, diese Stimme festtäglich zu beleuchten.
Der ganze Set ist, wie etwa ein Jeffrey Osborne oder Johnny Gill-Album, Song-orientiert, also eher zum Heim- als zum Club-Konsum bestimmt, und die Auswahl an Material stimmt von Anfang bis Ende.
11 Tracks finden sich hier, zwei davon Coverversionen, nämlich „Pride & Joy“ (Marvin Gaye) und „Wonderful World“ (Sam Cooke), an beiden ist nichts auszusetzen, aber zu den Highlights zählen sie nicht.
Wenn überhaupt einzelne Songs herausgehoben werden müssen, dann der moderne Synth-Soul-Dancer „Im Sorry“, „Stay Beside Me“, bei dem die Hookline an AI Greens „Let’s Stay Together“ erinnert; das Gospelgetränkte Titelstück und der soulvolle Stomper „Got to Hold On“. Ein Qualitäts-Soul-Set, wie er einem nicht alle Tage begegnet! (5) Nach dem alles in allem recht ermutigenden ON & ON habe ich mir beim dritten Wurf von Schauspieler/Sänger Carl Anderson mehr ausgerechnet. Es wird ja momentan höllisch viel Wind gemacht um den Re-Release von „Buttercup“ (eine gute, keine grandiose Stevie Wonder-Kreation von Carls ’82er Absence Without Love-Debüt!), aber Tracks von diesem Schlage sind auf Protocol (Epic BFE 39889) Mangelware.
Am ehesten geht die Rechnung hier bei „Let’s Talk“ auf, einem stramm vorwärtsmarschierenden Uptempo-Funker; von den Balladen ist besonders das monumentale „One More Time With Feeling“ zu loben, bei dem sich Tata Vega und Motown-Neueinkauf Alfie Silas als Chor-Chanteusen eingefunden haben. Einige andere von Carls Slowies kranken unter abgedroschenen Arrangements und MOR-Melodien.
Ferner steht zu „befürchten“, daß der Boy, will sagen: der Beau (erscheint mir bei seinem Aussehen angebrachter!) mit dem E,W & F’s AI Mc Kay-produzierten Radio-Pop von „Can’t Stop This Feeling“ einen todsicheren Hit in der Tasche hat. (3) Maxis! Fat Boys: „The Fat Boys Are Back“ (Sutra). Hah-hah-hoogahooga-hooga… Zu einer Zeit, in der sich Human Beat Boxes mit der Geschwindigkeit von Kaninchen zu vermehren scheinen, kommt mir die Rückkehr dieser drei wandelnden Whopperwe gerufen. Ich meine, checkt das hier aus: ….. Im starvin ‚,1’minthe mood, piain and simple -1 need food! Eat some beans and very soon.. .everybody in the place would leave the room…!“ Möchte wissen, ob Kurtis Blow – der ihnen mit einem Martinitrockenen Midtempo-Beat eine ideale Plattform verschafft- mit den Dreien einen Abstecher ins nächste Drive-In riskiert? (5) Sparky Dee vs. The Playgirls: „The Battle“ (NIA). Sparky Dee, verantwortlich für den dritten von mittlerweile 16 „Roxanne“-/answer-Records (solche Zahlen, wie immer, ohne Gewähr!), schlägt sich diesmal mit ihrer eigenen Brut herum – und wie: ….. I got pretty brown eyes and jetblack hair, how can I be jealous when you look like a deer… ?“ Die Playgirls zahlen es ihr heim, Auge um Auge, Zahn um Zahn, in der Linn Drum von Brooklyn-Boy Spyder D sind noch immer die Breakdowns von „Sparkys Turn (Roxanne You’re Through)“ eingespeichert – ein Muß für Hip Hop-Hardliner! (4) Roxanne Shante: „Runaway“ (Pop Art). Philly-Rap-Göre, die mittlerweile auch schon zwei Kapitel der „Roxanne“-Saga mitgeschrieben hat. Auch bei „Runaway“ imitiert ihr DJ die Scratch-Cuts von UTFO’s Mixmaster Ice, aber ansonsten setzt sie uns hier eine Real Life-Story vor, in der „Roxanne“ nicht mal einen Name-Check erhält. So wie das Thema gegenwärtig ausgewrungen wird, hätte ich ihr sogar einen Answer-Record auf „Roxanne’s Revenge“ zugetraut! (3) (Alle Import-Maxis bezogen über TSR; Wiesenstr. 31; 6054 Rodgau; 0 61 06-20 51-55)
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