Funk/Soul

Endlich —- auf diese Platte habe ich drei Jahre gewartet. The World’s Famous Supreme Team waren schließlich der wahre Grund, daß Malcolm McLarens DUCK ROCK ein Meisterwerk wurde. Niemand anderes schafft es so zielsicher, mit unglaublichen Harmonien Gänsehäute zu plazieren.

Ihr Debütjuwel nennen sie schlicht und einfach RAPPIN“ (Virgin 207 148-720). Grobes Understatement! RAP-PIN“ ist kein bloßes Hip Hop-Album, sondern eines der besten schwarzen Popalben. Das Supreme Team bringt das Gesamtkunstwerk New York auf einen musikalischen Punkt, setzt über fast melodiösen Rap glasklare Jazzakkorde, Salsabläser, vollfette Rockgitarren und als erotisches Tüpfelchen auf dem i wunderschöne Lolita-Chöre. Grooven tun sie sowieso. (6) Wer redet da noch von Grandmaster Flash? Der ist in der Midlife Crisis und brüllt einem über zwei Plattenseiten verzweifelt ins Ohr, er sei THE SOUR-CE (Elektra 960 476-1 ), der beste, der einzige … Nur wenn er vom Thema abweicht, findet er kurz zu alter Größe. (3)

Er kann abtreten, die neue Generation ist einfach härter, direkter und nicht so elend egomanisch. Allen voran Run DMC, die sich ihr neuestes Werk vom Def Jam-Team Rick Rubin und Russell Simmons produzieren ließen. In punkto Heavy Metal-Rap haben sie den Vogel mit „Walk This Way“ abgeschossen, einem gecoverten Aerosmith-Klassiker, für den sie sich die beiden Original-Luftschmiede Steve Tyler und Joe Perry ins Studio geholt haben.

Auch ansonsten haben sie noch eine Kante zugelegt, lassen ihre kopffüllenden Mammut-Bassbeats dröhnen, scratchen intelligent und einfallsreich zwischen Hard-Rock und Go Go und nehmen kein Blatt vor den Mund. RAISIN‘ HELL (Profile 1217) setzt noch einmal Härtemaßstäbe. (6)

Keine so glückliche Hand hatten die Jungs von Def Jam allerdings mit ihrem ersten Versuch, auf Mainstream R ’n‘ B-Terrain vorzudringen. Oran „Juice“ Jones hat zwar eine recht flexible Stimme, aber JUICE (Def Jam/CBS 7464-40367-1) klingt viel zu sehr nach der netten schwarzen Band aus der Kneipe nebenan, um ernstgenommen werden zu können. Zu viel Prince, zu viel Earth Wind & Fire und unbeholfenes Soul-Pathos. Es klingt nicht mal nach einer Kneipe in der Bronx, sondern fast nach München Schwabing. (2)

Aber das macht gar nichts, so lange Def Jam uns weiterhin mit genialen Beastie Boys-Maxis versorgt. Auf der B-Seite von „Hold lt. Now Hit It“ (Def Jam/CBS 44-05369) lassen die bleichen Pickelgesichter keine Zweifel daran, daß sie sich mit jedem messen können und rappen sich a capella die Seele aus dem Leib. Mit kompletter Rhythmusspur hört sich das nicht canz so hardrockig an wie ihr Debüt — sie lassen den Computer alleine anschieben und nur einen Latin-Scratchbreak den Fluß unterbrechen. Aber ihre Stimmen können eine ganze Stratocaster-Armee ersetzen. (5)

Manchmal sind Greatest Hits-Sampler eine großartige Sache. Wenn zum Beispiel 80% des Materials schon lange vergriffen ist, wie bei der Dazz Band. Die Soul- und Funknummern älteren Datums laufen den vollfetten Dancefloor-Hits der letzten Zeit auf ihrer GREATEST HITS-LP (Motovvn WL 72433) fast den Rang ah. Irgendwo zwischen Commodores-Balladen und Kool & The Gang-Groove bewegen sie sich ganz langsam auf die Achtziger zu. bis zu einem der gelungensten Computer-Grooves überhaupt: „Let It All Blow“.

Bitter ist nur, daß keine Nummer die Vier-Minuten-Grenze überschreitet. Meistens wurde im Mittelteil der Originalversionen radikal ausgeblendet oder sogar abgewürgt. Deswegen nur: (4).

Bei Rick James (dem Mann, dem Falco seinen Erfolg verdankt, weil er dessen „Superfreak“ als „Kommissar“ gecovert hat) wurde nicht so gegeizt und „You And I“ sogar mit vollen acht Minuten gepreßt. Rick James hat es konsequent geschafft, seinen charakteristisch ziehenden Stone City-Groove aus der Space-Disco-Zeit ungebrochen ins Computer-Zeitalter zu retten. Seine GREATEST HITS (Molown WL 72427) sind keineswegs komplett, aber die vorliegenden neun Nummern sind Dancefloor-Klassiker. die nie ausbrennen werden. (5)

Lakeside verstehen sieh darauf, ein Höchstmaß an Funk aus ihren Maschinen zu quetschen und können die Spannung sogar in den Balladen halten. Ein Geniestreich wie „Outrageous“ ist auf THE MOVIE (TSR) zwar nicht zu finden, aber sie sind ungebrochen rauh und unterleibsfreundlich. Mit ihren herben Soul-Organen und ihrem sicheren Gefühl für die Straße kann allerdings auch nicht viel schiefgehen. (4)

Es gibt Bands, die sind zum ewigen Mittelmaß verdammt und dürfen nicht einmal richtig schlecht sein. Skyy zum Beispiel, die die FROM THE LEFT Sl-DE (Capitol/EMI ST 12448) ein nettes, rundgeschliffenes Souldisco-Alhum abgeliefert haben, dem aber jeglicher Höhepunkt fehlt.

Eigentlich ist alles da — ein satter, beweglicher Beat, scharfe Gitarren, die die Keyboardteppiche aufbrechen, und schön arrangierte Vokalsätze. Aber es fehlt der letzte Biß und die zündende Idee. Gerade noch: (4).

Nicht einmal mehr Mittelmaß bringt Vanity zustande. Sie soll sich ja so glorreich von ihrem Übervater Prince gelöst haben. Blödsinn! Sie hat nur den Produzenten gewechselt — und der probiert jetzt schon zum zweiten Mal. aus ihr eine Edeldiva zu machen. Und scheitert noch schmählicher als beim letzten Versuch. Mit den Strapsen war leider auch das Profil weg — und auf SKIN ON SKIN (Motown ZL 72399) wurde die Ex-Sexbombe in ein belanglos plätscherndes Popkorsett gezwängt, in dem ihre seichte Stimme vollkommen untergeht. (2) Genauso überflüssig ist POOLSIDE (Atlantic 781 647-1), das Debüt der Gruppe Nu Shooz, die offensichtlich zu den Nutznießern des gerade aufgedeckten Payola-Skandals gehören. Anders läßt es sich jedenfalls nicht erklären, wie sie mit einfallslosen Computertracks, dünnen weißen Vocals und banalen Songs zu beachtlichen Chartplälzen gekommen sind. Angeblich begann ihr Erfolg in den New Yorker Discos. Aber das ist nicht unbedingt ein Qualitätsmerkmal, denn das musikalische Niveau ist in den Mammut-Tanzdielen von Manhatten absolut saumäßig; (sogar Yoko Ono feiert dort Danccfloor-Erfolge). (3)

Da hat sich die Londoner Schmachtsoul-Combo 52nd Street mehr Mühe gegeben. CHILDREN OF THE NIGHT (Virgin 207 583-620) lebt von samtigen, breiten Arrangements, unaufdringlich eingängigen Hooklines, angenehmen Slowgrooves und dem dezenten Sade-Flair von Sängerin Diane Charlemange.

Durch das ganze Album zieht sich ein leichtes Swingfeeling, das direkt auf den Bauch wirkt. Kein Wunder, schließlich war Produzent Nick Martinelli am Werk — und der bewies ja schon bei den Loose Ends exquisiten Geschmack. (5)