Funk/Soul

Margie Joseph, der ich das gesprochene Rap-Intro von ihrer 71er Stax-Debüt-LP nie vergessen werde, ist zum zweiten Mal in ihrer Karriere bei Cotillion gelandet. READY FOR THE NIGHT (Cotillion 7 90158-1) greift die Formel ihres vortrefflichen KNOCK OUT-Albums vom vergangenen Jahr auf: flotte, fulminante Uptempo-Tracks überwiegen, für die Preston Glass und Randy Jackson (beide aus Narada Michael Waldens Produktions-Clique) ein maßvolles und kontrastreiches Synthi-Backing gefunden haben.

Das Titelstück – komplett mit Vocoder-Refrain und kurzem Rap-Mittelteil – als Single herauszugeben, war eine etwas ungünstige Entscheidung, denn es ist hier einer der schwächeren Tracks. „Big Strong Man“ (so etwas wie Margies Antwort auf „Muscles“) und vor allem „Midnight Lover“, mit seiner todsicher greifenden Melodie, die nahe an Madonnas „Holiday“ liegt, wären meine Kandidaten gewesen. Allein was die Lady mit ihren Aretha-ähnlichen Vocal-Drehungen und Kurz-Monologen aus den Balladen „Is It Gonna Be Me & You“ und „Take Me Away Tonight“ herausholt, ist schon den exorbitanten Import-Preis dieser Platte wert! (5)

L. J. Reynolds war neben Ron Banks sicherlich der begabteste Songwriter, den die Dramatics je hatten; LOVIN’N MAN (Mercury 818 479-1 M 1) findet ihn in ähnlich guter Form vor wie bei seiner jetzt zwei Jahre zurückliegenden TRAVELIN‘-LP. Er läßt, wie heute überhaupt jeder, die aufwendige Orchestrierung zugunsten eines vorteilhaft durchrationalisierten Sounds fallen; den meisten Stücken liegt ein trockener und reduzierter Linn oder DMX-Beat zugrunde. Und dennoch ist die Produktion gemäßigt genug, um nicht von Larry Reynolds Qualitäten – gute Songs und eine gewaltige, alles überschattende Stimme abzulenken. Mein Favourit unter den gegenwärtig greifbaren Soul-Alben! (5)

Ohne Maurice White und mit einer neuen Plattenfirma melden sich die Emotions nach längerer Pause wieder zurück. SINCERELY (Red Label RLLP-001-1) ist vielleicht nicht im Besitz einer Single wie „Best Of My Love“, aber die Balladen der drei Beauties (es ist wie bei „Dallas“: Pamela sieht am besten aus!) sind so dick wie Melasse – und die Höhenlage ihrer flirrenden Falsett-Stimmen schafft außer den Jones Girls sonst kaum ein Vocal-Trio. Auch bei SINCERELY ist die Wahl der Single („You’re The One“) eine attraktive, aber doch einen Tick zu gewöhnliche Ballade – etwas unglücklich; das edle, elegant vorwärtsgleitende „All Things Come In Time“ wäre der Grundstimmung dieser Platte eher gerecht geworden. (3)

Neue 12″-Singles: Barbara I san „Don’t I Ever Cross Your Mind Sometimes“ (West End); und Loleatta Holloway „Crash Goes Love“; (Streetwise). Barbara Mason hatte ja kürzlich mit ihrem „Another Man“ eine Single, die an ihre Rap/Schlafzimmer-Smalltalk/answer-records der Mitt-70er heranreichte. „Don’t I Ever Cross…“ ist auf demselben Level, mit schlaftrunken gehauchtem Gesang und einem ähnlich untertourigen Computer-Groove. (4)

Loleatta, lange Zeit die Queen aller Boys Town-Discos, läßt sich diesmal mit Arthur Baker als Produzenten ein und weiß bei dessen Emulator-Dauerbeschuß (alles was man von Freez/John Rocca/ Afrika Bambaata-Singles her gewöhnt ist!) einfach nicht, wo sie mit ihrer gewaltigen Stimme hingehört. (2)

Beatmaster: „Lipservice“ (Tommy Boy). Eine der gefälligeren Platte aus dem Tommy Boy-Stall. Beatmaster sind das neue Spielzeug von Keith Le Blanc (Melcolm X) – und „Lipservice“ hat mit seinen knatternden Kamikaze-Breakdowns und getriggerten Smurph-Stimmen doch einige Attraktionen mehr als vergleichbare Electro-Soundtracks. (3)

Skool Boyz: „Slip Away“ (CBS) Neues Label auch für die Skool Boyz und ein wahrhaft nicht zu unterschätzender Einstand. „Slip Away“ weist so ziemlich alle Tugenden einer idealen Sommer-Single auf: Midtempo, elastisches Moog-Backing, Reißverschluß-Gitarren und eine eminent haltbare Melodie.

(4)

Eddie Kendricks: „Surprise Attack“ (Corner Stone). Von Eddie Kendricks hätte ich nach so langer Abwesenheit mehr erwartet. „Surprise Attack“ ist ein ziemlich ordinärer, entschieden zu schneller, mit Linn – und Simmons-Drum vollgeknallter Dance-Track für den Besitzer einer der faszinierendsten Falsett-Stimmen jenseits von Philip Bailey. (3) (Alle Import-Singles und LPs u.a. über TSR, Lessingstr. 2, 6053 Obertshausen 1, 06104/ 41919)