Gabriel O Pensador – Nádegas A Declarar

Seit Jahren springen den Brasilianern die Hinterteile der holden Weiblichkeit ins Gesicht. Und das nicht nur im Karneval. Das ganze Jahr über halten tanzende Bikini-Girls in erschreckend geistlosen TV-Shows ihre Rundungen in die Kamera. Die inhaltsleere Axe-Music aus Salvador wird nur noch abwertend als“bunda music“ (Arsch-Musik) bezeichnet. Viele Intellektuelle sorgen sich mittlerweile ernstlich um den guten Ruf ihres Landes. Es war also überfällig, dass sich Rios Rapper Nummer 1 seinen Reim darauf macht. „Allerwertester zu verzollen“ heißt des vierten Albums von Gabriel O Pensador auf Deutsch. Der Titelsong spielt mit den Worten „Nada“ (Nichts) und „Nädegas“ (Pobacken) und mokiert sich über das Sado-Maso-Tantchen „Tiazinha“ und ihr pseudoorientalisches Gegenstück, die verschleierte Feiticeira, über Samba-Tänzerinnen wie die blonde Carla und schwarzhaarige Sheila, die nichts weiter zu tun haben, als zu eindeutig zweideutigen Texten ihre Hüften rotieren zu lassen und allein dadurch zu nationalen Berühmtheiten wurden. Aber deshalb ist Gabriel noch lange kein verbiesterter Moralapostel, im Gegenteil. Selbst bei ernsten Themen kommen dem 25-jährigen Sohn einer Journalistin weder der Humor noch der Groove abhanden. Sekundiert von exzellenten Gästen wie Samba-Funk-Ikone Fernanda Abreu oder Lulu Santos schleudert „der Denker“ seine Worte wie Wurfpfeile über einen hochkarätigen Partymix aus Samba und 70er Jahre-Funk. Damit eroberte er in Brasilien ein Millionenpublikum. Obwohl seine Texte wesentlich mehr Inhalte transportieren als die vieler US-amerikanischer Kollegen, muss man kein Portugiesisch verstehen um ihn auch hier schätzen zu lernen -der bestechende „Suingue“ seiner Beats und der einzigartige Flow seines vergleichsweise melodiösen Sprechgesangs überwinden locker alle Sprachbarrieren.