Garland Jeffreys – Escape Artist
Mit ESCAPE ARTIST bietet uns Garland Jeffreys inklusive beigepackter Bonus-EP 14(!) neue Kompositionen an. Ein echter Hit nach dem Muster von „Matador“ ist allerdings nicht darunter. Warum sollte er schließlich jetzt auch nur noch nette kleine Balladen produzieren als Songwriter mit den eintausendundzwei Inspirationen?
Garlands wandlungsfähiger Charakter ist schon durch die Auswahl der Musiker dokumentiert: Für seine Tour wählte er The Rumour. Und im Studio halfen ihm die E-Street Musiker Roy Bittan (Piano) und Danny Federici (Orgel) sowie die Reggae-Größen Linton Kwesi Johnson und Big Youth.
Stones-Balladen wie „Winter“ bieten sich als Vergleich an, wenn Jeffreys Songs wie „Christine (Version 1)“ anstimmt. An Graham Parker muß ich denken („R.O.C.K.“), an Billy Joel komme ich (gedanklich) nicht vorbei, obwohl Garland den american way eigentlich gar nicht mag, Dennis Browns Reggae-Variante drängt sich mir auf („We The Peopie“) und selbst Sir Douglas („96 Tears“), jener dünne Far&sa/Vox-Orgel-Sound, den auch Joe „King“ Carrasco wiederentdeckt hat, passiert Revue…
Beim zweiten Durchlauf fallen die vielfältigen Stilzitate, die grundverschiedenen Interpretationsansätze und Instrumentierungsideen auf.
Rock, Blues, Folk, R&B, Balladen, Elektronik, Reggae, Dub… Kulturen stehen sich gegenüber. Europa, Mexico, Jamaica… Saxophonbläsersätze, Akkordeonklänge, Trompetensoli, klare Akustikgitarren und Piano-Intros stehen Fuzz-Gitarrenchorussen gegenüber, trockenes Heavy-Drumming verspieltem Reggae-off beat… Straightes Gruppenspiel ist genauso angesagt wie Hall- und Echoeffekte… Komponiertes gegen Improvisiertes, Gestrafftes gegen Ausgespieltes. Wesentlich ist jedoch, daß diese Vielfalt in der Hand von Garland Jeffreys zu einer komplexen Einheit verschmilzt. Er besitzt als Komponist den nötigen Stil und als Sänger das entsprechende Charisma.
Auf ein Stück sei noch nachdrücklich hingewiesen: „Miami Beach“ (auf der EP) ist Jeffreys Statement zu den Rassenunruhen im vergangenen Mai in Miami, Florida. Linton Kwesi Johnson vermittelt in diesem mit Dubeffekten angereicherten Reggae die beschwörenden Rezitative.
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