Garland Jeffreys – Guts For Love

Vor ca. zwei Jahren zog Garland Jeffreys in einem intensiven, direkten Interview seine persönlich-musikalische Bilanz der siebziger Jahre: „Auf der LP GARLAND JEFFREYS spncht/smgt der Junge. Das GHOSTWR1TER-Album ist die Phase, wo der Junge zum Mann heranwächst. Und ESCAPE ARTIST zeigt den erwachsenen Mann. Einen Mann, der in der Lage ist, mit seinen Beziehungen, seinen Geschälten, seinem Leben fertig zu werden,“ Heute, anno 1983- das Live-Album ROCK & ROLL ADULT (1981) ist nicht unbedingt als kreatives Werk in diesem Sinn einzugliedern -, hegt nun die neue LP GUTS FOR LOVE auf dem Plattenteller Ein Album, das Fragen entzündet und verunsichert, was die Beurteilung angeht. Wo ist es in der vorgegebenen Entwicklungslinie einzuordnen/anzuhängen“ Wo steht Garland Jeffreys heute? Was wurde aus dem „erwachsenen Mann“?

Mit unwiderstehlichem Charme macht nämlich dieser 38jährige eine riskante Gratwanderung zwischen Kunst und Kitsch. Fett aufgetragene Instrumentierungen und schwülstige Arrangements wie in „Surrender“ oder „What Does It Take“ rutschen in die Gehörgänge. Schön und zugleich suspekt.

Demgegenüber stehen Glanz-Kompositionen wie „Loneliness“. „American Backslide“ oder „El Salvador“, in denen Jeffreys seine ungebrochene Sensibilität für lateinamerikanische (Musik-)Tradition beweist.

Die Fährte führt auch 1983 aus den puertoncanischen Ghettos von Brooklyn direkt ins Herz der Bananen-Republiken. „El Salvador“ ist die konsequente Weiterentwicklung zu dem 77er-Klassiker „Spanish Town“. Liebe, Schmerz, Elend, Existenznot, Musik und Träumerei, Kampf und Verzweiflung fiebern in dieser modernen Latino-Ballade Zur Auflockerung streut Garland Jeffreys typische Rock- und Reggae-Songs aus eigener Feder dazwischen, den Tempo-Macher „Real Man“, den Tanzfeger „Fidelity“, den pumpenden Reggae „Rebel Love“ oder die Rock-Granate „Dance Up“. Eine LP, die Fragen aufwirft… und wohl doch schon lange mein Herz gekidnappt hat.