Gerd Knesel – Das Geht Uns Alle An!

Im Jahre 1931 fanden sich in der sog. „Harzburger Front“ Erzkonservative, Nazis und die Deutschnationale Volkspartei (DNVP) unter dem Zeitungsmagnaten Alfred Hugenberg zum Bündnis gegen die – gewiß vorhandene – „rote Flut“ zusammen. Mit modernsten Propagandamitteln und unter Einsatz aller verfügbarer Medien agierte diese rechtsextreme Vereinigung. Noch unbekannt war damals die Schallplatte als mögliches Medium zur Hetze gegen den politischen Gegner.

„Wenn man die Ostblockländer in seine Knechtschaft zwingt, dann sagt das überhaupt nicht, daß man uns Böses bringt“. Solches singt Gerd Knesel auf seiner LP „Das geht uns alle an“. Gegen den Vorwurf, er plädiere für militärische Intervention in den Ostblockländern, hat sich Knesel öffentlich gewehrt und versichert, so sei das nicht gemeint. Wie denn? Für mich klingt dies wie Kriegshetze, wie klingt es für Dich, verehrter Leser?

Hans Scheibner, Klaus Hoffmann und Hannes Wader haben massiv gegen die Veröffentlichung der Knesel-LP protestiert, was ehrenwert und berechtigt, doch nicht unbedingt richtig ist. Schon der Philosoph Voltaire hat vor 200 Jahren unbedingt für freie Meinungsäußerung plädiert, und die, bitteschön sollten wir uns in der bundesrepublikanischen Gegenwart doch erst recht, wenn auch extrem rechts, durchaus leisten können. Zumal sich kaum ein des zusammenhängenden Denkens fähiger Rechter mit dieser Platte hier identifizieren dürfte: Allzu einfältig geht es da in Musik und Text zu.

Für Gesang, Komposition, Arrangement und Produktionsleitung ist der 33jährige Gerd Knesel verantwortlich, der sich musikalisch in „Auf, auf zum fröhlichen Jagen“-Deutschtum verfangen hat und sich in allen vier Arbeitsbereichen als drittklassig erweist – beispielsweise an Heino gemessen.

Die Frage ist nur, ob Knesel hinter den Texten steht und weshalb er dann solch armselige Lyrik nicht selbst verfaßt hat; oder aber: Knesel hat seine Drittklassigkeit klug erkannt und diese durch aufsehenerregend rechtslastige Texte zu kaschieren versucht. Was nicht gelungen ist.

Der Urheber der Texte heißt Hubertus Scheurer und faselt dermaßen überzogen, ja psychopathisch von einer roten Gefahr, daß ich mich frage, wie er vor einer Verkehrsampel reagiert. Herr Scheurer sieht die linken Brüder fleißig die Schlingen knüpfen und beklagt zugleich: „wir werden ja müder und müder“. Wer ist wir? Mit genau dieser Pauschalisierung arbeitet Scheurer andauernd: er spricht von „dem Bürger“, „den Roten, den linken Vögeln“, redet von „drüben die“ – anstatt von sich selbst und den damit korrelierenden psychologischen Schwierigkeiten. Mit Hinterhof-Lyrik wischt Scheurer alle wissenschaftlichen Erkenntnisse weg, daß manche gesellschaftlichen Probleme durch das zugehörige Gesellschaftssystem hervorgerufen werden. Herr Scheurer redet anmaßend von Verhältnissen, von denen er offenbar keinen blassen Schimmer besitzt -Beispiel „Schule“. Herr Scheurer läßt sich mit faschistoider Diktion gar zu der Behauptung verleiten: „So ein Staat (i.e. DDR) tut nichts dagegen, wenn ein kleines Kind ertrinkt…“. Wie verbohrt, wie neurotisch, wie unintelligent muß man sein, um solches auf LP zu verbreiten? Ihre politische Meinung, Herr Scheurer, und (sofern vorhanden) Ihre, Herr Knesel,halte ich für völlig falsch.

Und mich freut ungemein, daß eine Rechtsaußen-LP sich durch offenkundiges politisches Unwissen und inhaltliche Einfältigkeit dermaßen selbst disqualifiziert.