Gesundes Volksempfinden – Gesundes Volksempfinden

„Verachtung denen, die uns aufhalten!“ Das Programm steht kleinqedruckt auf dem Erstlingswerk des „Gesunden Volksempfinden“, mit dem ein sechsköpfigen Tanz- und Unterhaltungs-Orchester aus dem Ruhrpott zum Sturm auf die Hauptstädte der neudeutschen Welle ansetzt.

(Der Leser läßt ermüde! das Blatt sinken und seufzt: Schon wieder Neon!) Doch halt – in diesem Falle könnte man wirklich was verpassen. GV hat alle Aussicht, aus der höher und höher wogenden Welle (immer mehr und immer ähnlicher und dann überhaupt nicht mehr) herauszufallen, sprich aufzufallen, sprich sich sogar zu halten (unter der Voraussetzung, daß die Gruppe tatsächlich zusammenbleibt).

Warum? Es sind alle Versatzstücke drin, die man heutzutage braucht: Uhrwerkgenaues Schlagwerk, Sequenzer, Farfisa-Orgel, ein zickigschleimiges Saxofon, vollsynthetischer Deutsch-Pogo. Gut und schön, aber jetzt kommt das Eigentliche: Das Volksempfinden steht unter der Leitung des Dichters und Egomanen Peter Klocke alias Piet Pirato alias Piet van Kloek – und der ist, wenn es auch (noch) nicht alle wissen sollten, einer der stärksten Texter im Lande. Wo anderswo der Kick, der Witz durch die Wiederholung aufgebaut wird, kommt er hier durch die nicht abreißende Kette von Sprech-Kicks, Verdrehungen, Wort-Blitzen. „Assoziationsfülle“ würd ich schreiben, wenn’s für die Frankfurter Rundschau wäre. Kostprobe?

Wertungsgemäß hätten es fünf Sterne werden können, wegen Details (der Gesang ist manchmal zu zickig, sprich zuviel Lou-Reed-Kiekser), der Piano-Groove mit der linken Hand hört einmal auf, wenn er dringend gebraucht wird, im Sound-Konzept laufen die Einzelstimmen auseinander) „nur“ vier plus.