Gorillaz
Demon Days
Drei Fuß hoch und steigend: Die Fab Four (fast Five, stellenweise Ten) des Comic-Pop hoben die Reifeprüfung bestanden.
Man wird darauf hinweisen dürfen: Das neue Album der Gorillaz setzt zur Punktlandung knapp vor dem mit Gähnreiz erwarteten neuen Werk von Oasis an, Blur-Chef Damon Albarn wird das vielleicht ein Lächeln um die Mundwinkel bescheren. Albarn hat seit der Erfindung seiner animierten Primaten die Ex-Konkurrenten um den Thron des Brit-Pop locker zweimal überrundet. Der Thron ist verwaist, und was macht die Kunst? Die hin und wieder als „Supergroup des 21. Jahrhunderts“ apostrophierte Cartoon-Gang hat sich reichlich Zeit für Album Nummer zwei gelassen, die 15 Tracks wollen im Zweifelsfall die latent apathische Popmusik noch einmal aus dem Tiefschlaf holen – von der Geräuschsinfonie im „Intro“ bis zum verschwenderischen Softpopsong „Don’t Get Lost In Heaven“, den nur Menschen ohne Gedächnis nicht als Hommage an Brian Wilson lesen können. Dazwischen passiert wieder allerhand bei den Gorillaz, man kann jetzt von den verschleppten R’n’B Beats, den Break- und Big-Beats, den tollen Keyboard-Melodien und aus dem Nichts auftauchenden Vokalsätzen, dem Klimper-Piano im Disco-Track „Dare“ und einer Flut von Details erzählen, die Idee der Platte lautet schlicht: Nimm dir das Beste aus allen Welten und baue darum deine Burg! Die Single „Feel Good Inc.“ mit einem Dämon Albarn aus dem Mobile Phone und der unter Noise-Schichten auslaufende Elektro-Blues „Every Planet We Reach Is Dead“ (die Wirkung, die man erzielen möchte, wenn man zehn John Cales die Viola spielen lässt), sind am besten im Gorillaz-Themenpark befestigt. Es wird düster und universell. Manchmal fühlst du dich wie die letzte Seele auf Erden, wollen sie uns in einem Song singen, demon days ist eine Platte der Zwischenstücke geworden, in denen Dämon Albarn seinen Frieden mit der akustischen Gitarre schließen darf. Sanft und leise, ein Salut an die Freako-Folk-Bewegung. Soll keiner sagen, daß die Gorillaz nicht up-to-date sind. Wer da was aufgenommen und wieviel zum Album beigesteuert hat, wird in bester Gorillaz- Manier zerredet und virtuell verschleiert. Soviel ist Fakt, Noodle, Murdoc, Rüssel und 2D bestellten den gerade meistgeliebten und bestgehaßten Mann ins heimische Horror-Kabinett. DJ Danger Mouse – soll der mal produzieren. Die schönste Ironie der Geschichte ist die, daß ausgerechnet Danger Mouse, dessen Bastard-Pop-Monstrum THE GREY ALBUM die EMI letztes Jahr wegen der Verarbeitung von Beatles-Samples mit allen Mitteln der Copyright-Juristerei vom Tonträger-Markt fernhielt, nun durch die Hintertür der Kong-Studios eine Platte für dieselbe Plattenfirma gemacht hat. So geht das. Eine Million GREY-ALBUM-Downloads in nur einer Woche können ja auch nicht irren. Albarn und Mitstreiter vergessen nicht, auf ihre großen Pop-Erlebnisse zu verweisen, auf „Three Feet High And Rising“ und „Raw Like Sushi“. Gastarbeiter wie De La Soul und Neneh Cherry fallen aber weniger ins Gewicht. Reifeprüfung mit Eleganz bestanden.
VÖ. 23.5.
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