Guns N’Roses
The Spaghetti Incident?
Guns N' Pistols - Kraftvolles Punk-Recycling mit Slash und Axl
Punk liegt im Trend. Was läge aus dem Blickwinkel der Gun-Men um Axl Rose also näher, als sich auf die eigenen musikalischen Wurzeln zu besinnen? Letztere gediehen, als Ende der 70er Bands wie die Sex Pistols und The Damned auf der Bildfläche erschienen. Die zeitgenössische Mitmach-Message aufsaugend (nach der angeblich jeder Punk spielen und damit auch reich werden konnte), machten sich Slash und Co. ans Werk.
Mit THE SPAGHETTI INCIDENT? erweisen Guns N‘ Roses dem Genre ihre späte Reverenz, die 12 Songs, allesamt Fremdkompositionen, erschienen bis auf eine Ausnahme erstmals zwischen 1973 und 1981. Einzig der Opener „Since I Don’t Have You“ hat schon einige Semester mehr auf dem Buckel — die süßlich hysterische Ballade stammt aus dem Jahr 1958. Sind die Tränen getrocknet, feuert ein kompaktes, von Bassist Duff McKagan gesungenes Remake des Damned-Klassikers „New Rose“ den Startschuß zur Tour de Punk. Erste Haltestelle: „Down On The Farm“ der UK Subs, wobei sich Axl zu Slashs fulminanten Gitarrenbreitseiten im stilechten Cockney-Idiom übt. Die enge Verwandtschaft zwischen rotzigem Punk und erdigem Rock’n’Roll verkörpert das „Human Being“ der New York Dolls, mit Iggy Pops „Raw Power“ erreichen Guns N‘ Roses — wenn auch knapp — ein weiteres Etappenziel. Iggy hat den Maßstab zu hoch angesetzt, der Intensität seiner Stimme hat Mr. Rose ausgesprochen wenig entgegenzusetzen.
Da sieht es bei T.Rex‘ Glam-Rocker „Buick Makane“, an dem sich zwischenzeitlich auch Seattles Sound-Gärtner versucht haben, deutlich rosiger aus: im Duett mit Slash entwickelt Axl sogar authentisch vibrierendes Marc Bolan-Timbre. Für die Single-Auskopplung „Ain’t It Fun“ — im Original von den Dead Boys — konnte Rose Ex-Hanoi Rocks-Frontmann Michael Monroe als Gastsänger gewinnen, beim gelungenen „Attitude“ (The Misfits) und dem belanglosen „You Can’t Put Your Arms Around A Memory“ (Johnny Thunders) übernimmt erneut McKagan das Mikro. Daß Rose dennoch nicht ersetzbar ist, beweist „I Don’t Care About You“, das ihm von Fear auf den Leib geschrieben wurde — nur wenige können ein noch überzeugenderes „Fuck You!“ intonieren.
Nach den Monumentalwerken USE YOUR ILLUSIONS erscheint die Punk-Pasta erfrischend geradlinig und unkompliziert. Dem Zwang, sattsam bekanntem Material krampfhaft neue Facetten abzuringen, begegnen Guns N‘ Roses mit respektvoller Werktreue im zeitgemäßen Sound. Von bescheidener Selbsteinschätzung zeugt auch die Cover-Fußnote: „Tut euch den Gefallen“, raten G N’R, „und hört euch die Originale an.“