Guter Abzug – Eine Dokumentation der neuen deutschen Musik
Wau, was für eine Kiste! Ein gelber Pappkarton im LP-Format, dick wiedas gesammelte Werk eines klassischen Komponisten und voller Papier. GUTER ABZUG nennt sich die Materialsammlung zur Entwicklung der ND W aus Düsseldorfer Sicht, und nomen est omen: Gut Dreiviertel des Inhalt besteht aus gut abgezogenen Schwarzweiß-Fotos, sehr dekorativ (17,5×23,5 cm auf 30 cm 2 weißem Grund) gestaltet und mit Liebe zur Sache fotografiert und ausgewählt. Überwiegend Bilder aus Konzerten, überwiegend Ruhrpott-Bands, doch auch in dieser Masse mit viel Gaudi zu genießen. Besonders witzig Markus Oehlen mit der dicken Steinfrau, Pyrolator mit Instrument und totem Vogel, der von Peter Hein begeisterte Hippie, die voll konzentrierten Ostro-Mädchen, die kugeläugigen Konzertbesucher, die zwei kritischen Lemminge am Seeufer usw. usf. Macht Spaß, diese Blätter zu wälzen. Nicht ganz so leicht zu genießen sind die gesammelten Auszüge aus deutschen Punk-Fanzines, aber etwas Zeit und Mühe sollte hier schon investiert werden, denn dieser zusammengeheftete Stapel fotokopierter Fotokopien sollte zum Grundwissen eines jeden Liebhabers der neuen Musik gehören. Der (wenn auch willkürliche) Querschnitt durch deutsche Fanzines ist das eigentliche Verdienst von GUTER ABZUG, denn er hat bis heute gefehlt, während man die Koppe der DAF mittlerweile zur Genüge kennt. Die Technik des kommentarlosen Aneinandersetzens von Informationen klappt bei der Auswahl neuer deutscher Texte (zur Musik) im Gegensatz dazu nicht ganz, denn hier gibt es zu wenig verschiedene Inhalte bei zuviel Masse, was zur Folge hat, daß die wirklich guten Sachen nicht herausragen, sondern untergehen. Hier wäre eine ordnende Hand (und damit sehr viel Arbeit) vielleicht nötig gewesen. Auf der Flexi-Disc gibt es die »Stars on 45″ des deutschen Punk. Nicht schlecht, doch der englische Punk-Producer Dave Goodman hat’s für sein Land besser gemacht. Das Poster zeigt die Düsseldorfer Kultfigur Peter Hein in dekorativer Pose während eines Konzerts und belegt den Lokalpatriotismus, der ein solches Werk wohl erst möglich macht. Bei der vorliegenden Masse an interessanten und witzig-originellen Informationsschnipseln solle niemand zögem, die knapp 3 0 Mark für diesen Karton auf den Tisch zu legen. Mehr kann man kaum für sein Geld bekommen.
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