Hans Nieswandt – The True Sound Center

Vor 15 Jahren hätte niemand gedacht, dass für den Clubsound einmal schlechtere Zeiten anbrechen könnten. Inzwischen aber, so’scheint es, geht es durch Krisen immer satter in die Miesen. Für Hans Nieswandt noch Lange kein Grund, an der Methode zu zweifeln. House music all night lang, lautet sein Credo. Man könnte auch sagen: We’ll never stop living this way. Mit seiner Musik stellt er nach wie vor Verbindungen zu den House-Magiern Larry Heard. Marshall Jefferson, DJ Pierre und Lil‘ Louis her. Aber da ist noch mehr drin. Der erste Track „Ich vermiss die Zeit“ enthält zwar einen waschechten Disco-Basslauf, gehtwegen des darüber liegenden melancholischen Gesangs aber doch mehr in Richtung Pop. Mit „Gloria“ denkt Hans Nieswandt an die früheren Zeiten zurück, als er Rhythmen aus Hi-NRG und Italo-Disco kennen gelernt hat – nicht umsonst sind hier Partikel aus der gleichnamigen Komposition von Giancarlo Bigazzi und Umberto Tozzi enthalten, die vor zwanzig Jahren einer gewissen Laura Branigan zum Nummer-1-Hit in Deutschland verhalf. Aus demselben Jahr stammt Rio Reisers „Dr. Sommer“, ein seinerzeit wenig beachteter Song, der hier durch die Mitarbeit von Sängerin Isis Zerlett zwischen Donna Regina und 2raumwohnung rochiert. An diesen Stellen gelingt Nieswandt jener Drahtseilakt zwischen amerikanischer Funktionalität und europäischer Mondäne, den er schon zu Zeiten von Whirlpool Productions probierte. Nur das glitschige Schlagersubstrat „So fein“ wirkt in dieser Umgebung befremdlich. Von so etwas wollte man in den Neunzigern schon Andreas Dorau abraten.