Harald Juhnke – Mit beiden Händen in den Taschen
Harald Juhnke, Deutschlands Schnapsnase Nummer 1, der mit seinen jeweils neuesten Eskapaden immer wieder für eine BILD-Schlagzeile („Wirte-Boykott gegen Juhnke“, Juhnke: Ich sauf mich tot“) gut ist, versuchte sich zeitweilig auch als Plattenstar. Der bekennende Sinatra-Junkie und Schutzheilige aller anonymen Schluckspechte gab dabei, abgesehen von einigen in Untiefen dümpelnden Schlagerklamotten, noch nicht mal eine schlechte Figur ab. Sämtliche Aufnahmen, die der Entertainer mit dem Charisma eines Vorstadt-Casanovas in den frühen sechziger Jahren für die Teldec machte, wurden für MIT BEIDEN HÄNDEN IN DEN TASCHEN von Bear Family Records -— wie immer mit viel Liebe zum Detail -— zusammengetragen. Vor allem die zwölf, zwischen Big-Band-Jazz und Chanson angesiedelten Titel seines 1966 erschienenen Longplayers, der auch dieser Sammlung den Namen gab, präsentieren Juhnke von einer ungewohnten Seite. Die teils recht anspruchsvollen Songs (‚Ich glaube nicht‘, ‚Die Wand zwischen dir und mir‘, ‚Die Fehler der Ander’n‘), eigens von Knef-Komponist Charly Niessen gemeinsam mit dem damaligen Udo-Jürgens-Texter, Schauspielerkollege Joachim „Blacky“ Fuchsberger, dem „blauen“ Harald auf den Leib geschneidert, wirken seinem oberflächlichen Boulevard-Image entgegen. Selbstverständlich bewegt sich der erst kürzlich mit Extrabreit erneut ins Sangesfach übergewechselte Juhnke (O-Ton: „Das war mal fällig, schließlich bin ich auch oft extrabreit!“) bei zuckrigen Trinkerhymnen wie ‚Von Bar zu Bar‘, ‚Ein Whiskey zuviel‘ oder ‚Was nützt das schlechte Leben‘ in allzu familiärem Milieu.
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