Hardrock
So nicht, meine Herren! Wenn die Youngster von Queensryche auf RAGE FOR ORDER (EMI), ihrem zweiten Voll-Opus, ernstlich meinen, uns mit diesem gequirlten Quark aus Emulator-Arien, technischem Schnickschnack und gezielten Effekten sowie Bombast-Metal beglücken zu müssen, ist das ihr Bier. Heavy Metal im modernen Gewand, wie erhofft, jedenfalls ist es unter keinen Umständen. Eher schon der angestrengte Versuch, sich mit aller Macht und Mitteln ins rechte Licht zu rücken. Und das geht gehörig in die Hose.
Dabei fängt alles so vielversprechend an; der Opener „Walk In The Shadows“ lockt den Hörer gleich auf die fetzige Hardrock-Fährte, der Sound ist satt und jederzeit transparent. Doch dann verheddern sich die Fünf in ihren eigenen Maschen. Nichts läuft mehr. Zu gewollt, zu sehr mit der melodramatischen Brechstange behandelt, klingen die restlichen zehn Songs.
Zu allem Überfluß wirft sich Sänger Geoff Täte auch noch ständig in die Brust und gibt damit den anderen das Nachsehen. Sicher, sein Stimmvolumen ist schon beachtlich und wäre gewiß noch eindrucksvoller, wenn er sich endlich einmal angewöhnen könnte, daß ein hervorragender Song von der ganzen Band, und nicht vom großen Dominator allein lebt. Denn an Ideen und Ansätzen (etwa „Gonna Get Close To You“ aus der Feder von Lisa Dalbello) mangelt’s den Boys aus Seattle wahrlich nicht. So aber: (2)
Weit weniger kompliziert und verspielt gibt sich das japanische Flaggschiff Loudness und LIGHTNING STRIKES (WEA). Hier brennt wirklich die Luft. Allen voran Super-Gitarrist Akira Takasaki, der Eddie van Halen des Fernen Osten, der mit seiner Filigran-Technik und temperierten Läufen den großen Wurf erst richtig krönt.
Das Nippon-Quartett trägt seinen Namen zweifellos zu Recht. Denn laut, gewaltig und präzise getimt sind die neun Songs allemal. Dazu noch das elegant-dynamische Metal-Flair, das sie stets umgibt — und fertig ist der musikalische Volltreffer, der Loudness nicht erst jetzt zu einer der größten Hoffnungen des harten Rocks macht. (5)
Armer Ronnie James. Erst schickt er seinen langgedienten Gitarrero. Vivian Campbell, in die wohlverdiente Wüste, holt sich mit Ex-Guiffria Craig Goldy einen neuen in die Band und legt kurz darauf bereits die Mini-Live-LP INTERMISSION (Phonogram) vor. So weit so gut.
Eines hat Dio dabei allerdings nicht bedacht: Diese Eile in allen Ehren, doch statt des Mini- hätte man sich lieber aufs Maximum — sprich einen echten Longplayer — konzentrieren sollen.
Sei’s drum, musikalisch schöpfen Ronnie und seine Gesellen wieder einmal aus dem Vollen. Sämtliche sechs Titel, darunter das brandaktuelle „Time To Burn“ (Studio-Fassung) sowie ein Medley aus „Long Live Rock ’n‘ Roll“ und „Man On The Silver Mountain“ (Remember Rainbow!) zeigen den Kleinen dort, wo er sich austoben kann — nämlich auf der Bühne. Er shoutet sich den Weg frei zum Publikum — und das hinterläßt bei weitem mehr Eindruck als seine Vokal-Akrobatik auf SACRED HEART. (5)
Göttlich dieser Gigolo! Der Großwesir der filmreifen Gesten und ehemalige Van Halen-Mime, seine Exzellenz David Lee Roth, läßt mit seinem Solo-Album, EAT ‚EM AND SMILE (WEA) endlich einmal die Hosen runter. Das aber mit einer solch unglaublichen Brillanz und auf eine solch schnoddrig-selbstbewußt-arrogante Art, daß man eigentlich nur den Hut vor ihm ziehen oder seine alte Band bedauern kann.
Zudem hat er mit Steve Vai (Gitarre), Bill Sheehan (Baß), Gregg Bassonett (Drums) und Produzent Ted Templeman ein Teufels-Team um sich geschart, das auf allen zehn Songs jeden Skeptiker verstummen läßt. Man nehme nur „Goin Crazy“, eine powerfulle Hommage an die Van Halens, als sie noch hungrig waren, das groovige „Ladies Night In Buffalo“, „l’m Easy“ a la Swingtime in Vaudeville, das „Tobacco Road“-Cover, allerdings weniger schwarz und soulig als noch bei Edgar Winter oder Eric Burdon, oder — last not least — ein weiteres Cover, diesmal von „That’s Life“, wo sich Maestro endlich als der zu erkennen gibt, der er schon immer war: Der Sinatra des Hardrocks! (6)
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