Herbert Grönemeyer – Berlin, Straße des 17. Juni :: Schlock-Gegen-Rassismus

Herbert ist zurück. Größer denn je. Größer als ein Rocksong ist der Entwurf seiner Musik, den er mit dem NDR Pops Orchester vorlegt. Größer als ein Konzert ist auch sein Auftritt auf jenem Terrain, das ansonsten der Love Parade und den Staatsgästen der Berliner Republik vorbehalten ist. Doch mit Größe bis hin zur Unhandlichkeit hat Grönemeyer selten ein Problem gehabt: Stets waren seine Gesten groß, markig, ungelenk bisweilen. Mit seinem Klassik-Rock-Spektakel aber hat er nun die bis dato größte Anmaßung in den luftleeren Raum nach Bleibt Alles Anders gestellt. Herbert tut, was weder Kanzler noch der Kaiser von China je dürften: Er blockiert die wichtigste Ost-West-Achse Berlins für eine knappe Woche, was wohl nur durch den vermeintlich politischen Charakter der Veranstaltung möglich ist. „Kein Rassismus-Gegenwehr“ heißt das Motto, das zwar trefflich in die öffentliche Diskussion passt, sich aber weder im Eintrittspreis noch im Charakter des Konzertes niederschlägt. Immerhin wird der Besucher von Dutzenden antifaschistischer Stände begrüßt: Bratwurst-gegen-Rassismus, Caipirinha-gegen-Rassismus und Herbert-Grönemeyer-Merchandise-gegen-Rassismus. Seine Rede-gegen-Rassismus leitet Grönemeyer mit den Worten „Ich kann keine Reden halten“ ein, was er nachfolgend bestätigt. Man solle die Glatzen dorthin zurückjagen, woher sie… der Rest geht unter im Beifall-gegen-Rassismus. Damit ist das Thema abgehandelt, schließlich sind alle wegen Herbert hier – das NDR Pops Orchestra eingeschlossen. Ihm gesteht man zu, eine Ouvertüre zu spielen, in der Grönemeyers Hits leitmotivisch angestimmt werden, hernach aber reduziert sich seine Rolle darauf, als klangliche Aufstockung einer Band zu dienen, die sich von ihren gewohnten Darbietungen in keinster Weise abbringen lässt. Eine Haltung, deren Arroganz schon bei den selbstzentrierten Versuchen von Metallica und den Scorpions unangenehm auffiel. Einzig in den Balladen macht die Kombination Sinn, aber das ist zu wenig für einen derart bombastischen Einsatz aller Mittel.