History

Rock n Roll ist was für Schmalzlocken. Wer 1964 auf der Höhe der Zeit sein will, hört Soul und R & B, trägt Button Down-Hemden und schnittige Anzüge aus Paris. „Mods“ nennen sich die Jungmenschen aus der Arbeiterklasse mit Drang zur Boheme. The Who liefern den Soundtrack, nennen sich The High Numbers, dann wieder The Who. Doch die Mod-Schublade ist zu eng für Gitarrist Pete Townshend, Bassist John Entwistle, Sänger Roger Daltrey und Trommler Keith Moon. The Who sind anders als andere Bands. Da ist beispielsweise das Feedback auf der zweiten Single „Anyway, Anyhow, Anywhere“, das Deccas US-Ableger dazu veranlasst, die „fehlerhafte“ Aufnahme zu verweigern. Da stottert Daltrey „M-M-My G-G-Generation“ – kein Fall für den Logopäden, sondern eine Referenz an übermäßigen Speed-Konsum. Da ist die Tatsache, dass The Who nach jeder Show die Instrumente zertrümmern. Singles wie „My Generation“, „Substitute“, „l’m A Boy“ und „Happy Jack“ stürmen 1966 die Top Five und zeugen von Eigenständigkeit: keine Beatles- oder Stones-Kopien, sondern die textliche wie formale Absage an R & B-Stomper und Mersey-Beat. Pop Art ist en vogue, und Ex-Kunststudent Townshend transformiert den Mix aus Carnaby Street, Campbell-Dosen und Experimentierlust in die Welt der Popmusik: London swingt. Mit dem durchkonzeptionierten Titelsong des Albums „A Quick One (While He’s Away)“ weisen The Who den Weg, mit „The Who Seil Out“ liefern sie pure Pop Art. Doch Townshend setzt noch einen drauf: Das Doppelabum „Tommy“ wird zum Prototypen der „Rockoper“. Für The Who folgen Jahre auf der Straße, man spielt in Woodstock und tourt pausenlos, wobei dank Moon so mancher Fernseher aus dem Hotelfenster fällt. Die Musik wird härter, was in Alben wie „Live At Leeds“, „Who’s Next“ und dem Mod-Konzeptwerk „Quadrophenia“ seinen Niederschlag findet. Nach der Arbeit an Ken Russells „Tommy“-Verfilmung machen sich erste Ermüdungserscheinungen bemerkbar, „Who Are You“ von 1978 ist der Abgesang. Vor allem für Keith Moon, der kurz darauf an einer Überdosis Pillen stirbt. Mit Kenny Jones von den Faces machen The Who noch bis 1983 weiter, doch die Luft ist raus. Seitdem gibt’s alle paar Jahre eine Reunion-Show, zuletzt mit einer gelungenen Bühnenfassung von „Ouadrophenia“.