Horace Andy – Living In The Flood

Ihren überwältigenden Erfolg haben Massive Attack nicht zuletzt der Mitwirkung des Mannes mit dem außergewöhnlichen Reggae-Falsettgesang zu verdanken. Aber natürlich war Horace Andy schon vor BLUE LINES wer. Sein Weg läßt sich bis in die frühen 70er Jahre zurückverfolgen, wo er neben den Abyssinians oder Burning Spear zu den Stammgästen in Clement Dodds „Brentford Road“-Studios auf Jamaika gehörte. Horace Andys Stimme eignete sich hervorragend zur Verschmelzung von Rocksteady und US-Soul, wie man heute noch auf seinem Brentford-Road-Klassiker SKYLARKING (auf Melankolic unlängst neu veröffentlicht) nachhören kann. Nun kommt also sein erstes Album in der ablaufenden Dekade mit neuem Material. Ein Album, mit dem Andy Treue zum Roots-Reggae bekundet. Der 48jährige singt gottesfürchtige Rastafari-Hymnen („My Lord“), attackiert die Waffenindustrie (Johnny Too Bad“) und singt Liebeslieder („Girl Of My Dreams“). Mit letzterem gerät er etwas ins seichte Fahrwasser von UB 40, aber mein Gott: Von Kultstatus und Glaubwürdigkeit allein wird man nicht satt. Im Grunde genommen kann dieser Mann alles singen, es klingt sowieso wie ein Gedicht. Und mit dem Großteil des Materials schafft er, was anderen Reggae-Vokalisten heutzutage verwehrt bleibt: Den Spagat zwischen Ursprünglichkeit und Moderne.