Horror Vision

Eine Explosion erschüttert die Kabine des Flugzeugs. Alarmleuchten blinken. An Bord der abstürzenden Maschine schreien Passagiere in panischer Todesangst und klammern sich aneinander fest, ein Paar küßt sich verzweifelt ein letztes Mal vor der Katastrophe. Darüber schreit sich Rob Dickinson von Catherine Wheel die Seele aus dem Leib: „l’m on my way down“. Der Flugzeugabsturz – das bedrückende neue Video zum Song ‚Waydown‘ der englischen Band – ist das Medien-Thema in den Vereinigten Staaten. „Morbider Voyeurismus“ lauten die Vorwürfe der Presse, die Band wolle „Geschäfte mit der Angst“ machen.

In politisch rechten Kreisen der USA, die in Rockmusik immer erst eine Bedrohung für „God’s Own Country“ sehen, wurde sofort wieder der Ruf nach Zensur laut: „Zu gewalttätig, zu fies für unsere Kids.“ No shit! Der Clip, gedreht von Regisseur Mark Pellington, sorgt ganz gewaltig für Gänsehaut bei den Zuschauern. Die realistische Darstellung von Menschen in den letzten Sekunden vor ihrem Tod raubt einem den Atem. Aufwühlende Gefühle dieser Art finden bei herkömmlichen Musik-Videos bevorzugt in der Lendengegend von heranwachsenden männlichen Jugendlichen statt. Anders bei ‚Waydown‘. Da sitzt der Knoten im Magen. „Ich will die Zuschauer aus den Sesseln reißen“, erklärt Regisseur Pellington. „Mich interessieren extreme Situationen, und wie Menschen darauf reagieren. Und wieviel extremer kann es noch sein, als wenn Menschen ihren Tod vor Augen haben und die Sekunden bis zum Crash an ihren Fingern abzählen können?“ Catherine Wheel-Sänger Rob Dickinson ist zufrieden mit dem Schocker, obwohl er zuerst von der Horror-Interpretation des Songs aus der aktuellen CD ‚Happy Days‘ überrascht war. „Wir sahen ‚Waydown‘ eher als frechen Pop-Song, aber als Mark uns seine Idee vorstellte, waren wir alle fasziniert.“ Die deutschen Catherine Wheel-Fans werden Schwierigkeiten haben, den Horror-Clip zu sehen. Während Musiksender Viva ‚Waydown‘ aus rein geschäftlichen Gesichtspunkten nicht aul die Playlist setzte („Es gab kommerziell wichtigere Videos“, so eine Viva-Managerin), wurde bei MTV Europe die Ausstrahlung nach nur zwei Wochen ohne Angabe von Gründen gestrichen.