Ich weiß nicht
Dass der 1961 geborene Jürgen Teipel literarische Ambitionen hat, wurde schon klar, als sein 2001 erschienenes Buch „Verschwende deine Jugend“ die Gattungsbezeichnung „Doku-Roman“ trug. Dabei war das ja eine Collage von O-Tönen zahlreicher Musiker aus der deutschen Punk- und New-Wave-Szene. Aber: kein Zweifel, das Arrangement der Vielzahl von Stimmen in „Verschwende deine Jugend“ war kunstvoll gemacht und ergab auch eine ungefähr kohärente Erzählung über die Neue deutsche Welle – zurecht ist es zu einer Art Standardwerk geworden.
Diesmal dankt Teipel einer langen Liste von Aktivisten im Feld von Techno und elektronischer Musik, darunter DJ Hell, Miss Kittin, Andi Teichmann oder Rainer Trüby – aber statt einer Stimmenvielfalt hat er eine einzelne Stimme ersonnen, die die Geschichte von drei deutschen DJs erzählt, die zu einem Techno-Festival samt vorhergehender Podiumsdiskussionen nach Mexiko reisen. Und leider ist diese Stimme das Problem des Buches: Der Erzähler sagt unaufhörlich „so“, „eben“, „irgendwie“, am schönsten: „Ich echt nur so: ‚Oh!'“; er ergötzt sich an banalen Bildern, vagen Gefühlsbeschreibungen und platten Landschaftsbetrachtungen; er begegnet dem fremden Land mit erschütternder Naivität.
Das kann man natürlich so machen – Stichwort Rollenprosa – und stellenweise hat diese vor sich hin strahlende Sprache auch Momente der Schönheit, die an Rainald Goetz‘ „Rave“ erinnern. Doch manches, was der Erzähler so von sich gibt, ist, mit Verlaub, derart deppert, dass man schon fürchtet, Teipel wolle seinen DJ denunzieren und bloßstellen. Nur: Was wäre da der Erkenntnisgewinn? Die Geschichte – eine Mischung aus Roadtrip, Dreiecksgeschichte und Szenensoziologie entwickelt letztlich aber ihren eigenen Sog, ihr eigenes Tempo, das einen dran bleiben lässt. Und das verdankt sie natürlich vor allem ihrer Erzählerstimme. www.jteipel.com
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