Im Körper des Feindes
Volltreffer! Wer nach „Harte Ziele“ und „Operation Broken Arrow“ dachte, John Woo, Hongkongs „Mozart of Mayhem“, habe sein Pulver verschossen, kann sich beruhigt zurücklehnen: IM KÖRPER/DES FEINDES ist der Film, der alle nach hinten losgegangenen Hollywood-Schüsse dieses Sommers („Batman & Robin“ „Speed 2“, „Air Force One“) mit einem Streich vergessen macht. Absolut auf der Höhe ihrer Kunst prallen die Giganten John Travolta und Nicolas Cage aufeinander: Travolta ist der Top-FBI-Agent Sean Archer, der sechs Jahre seines Lebens darauf verwandt hat, den Superterroristen und Mörder seines Sohnes CastorTroy (Cage) zu jagen. Nachdem Archer den Erzfeind bei einem spektakulären Einsatz ins Koma befördert hat, versucht er nun, die Trümmer seiner Ehe zu kitten. Doch der Alptraum ist nicht vorüber.Troy hat ein diabolisches Erbe hinterlassen, eine Zeitbombe, die Los Angeles dem Erdboden gleichmachen soll. Nur sein Bruder Pollux weiß, wo und wann die Film des Monats Höllenmaschine hochgehen soll. Archer läßt sich auf ein Himmelfahrtskommando ein: Er tauscht – gepriesen sei die plastische Chirurgie – sein Gesicht mit dem des verhaßten Gegenspielers ein, um Pollux das Geheimnis zu entlocken. Gleichzeitig erwacht Castor und übernimmt Archers Gesicht und Existenz… Bei jedem anderen Regisseur würde diese haasträubende Story irrwitzig erscheinen. Doch John Woo weiß, daß im Kino alles möglich sein kann – wenn man nur die nötigen Risiken eingeht. Indem er IM KÖRPER DES FEINDES als opernhafte Ballade hart am Rande der Surrealität anlegt, kauft man ihm auch die absurdeste Handlungswendung ab. In seiner Hand wird ein archetypischer Kampf zwischen Gut und Böse zum existentialistischen Spiel der Identitäten, von Sein und Nicht-Sein, das das enge Korsett handelsüblicher Actionfilme knackt. Das soll nun nicht heißen, daß die Action zu kurz käme. Immerhin handelt es sich hier um einen John Woo-Film. In seinem Universum der sich scheinbar stets selbst nachladenden Großkaliber-Wummen finden hyperkinetische Feuergefechte statt, in denen zerfetzte Körper in Zeitlupe wilde Ballette des Todes tanzen. Und doch ist die Gewalt nie zynischer Selbstzweck. IM KÖRPER DES FEINDES spielt mit unseren Gefühlen und unserer Imagination. Deswegen bewegen uns die Ereignisse auf der Leinwand ebenso wie die tragischen Protagonisten, die im Körper ihres Erzfeindes gefangen sind. Ein Meisterwerk!
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