Jazz
Coryell nervt, Kolbe & Illenberger plätschern, AI di Meola pinselt auf CIELO E TERRA (EMI) leblose Stimmungsbildchen (3). Aber Rettung naht: Auch Michael Sagmeister hat zur Akustik-Klampfe gegriffen und mit dem Bassisten Thomas Heidepriem einen Ohrwurm an den nächsten gereiht – als wäre das Genre nie ausgelaugt gewesen. TWO IS A CROWD (Mood) – eine angenehm unaufdringliche Platte! (5) Die Pianistin Geri Allen tritt nach ihrem Debüt PRINTMAKERS eine Solotour durch die neuere Jazzhistorie an. Spröde und unberechenbar wie Monk, kraftvoll und frei wie Cecil Taylor, eingängig, weil Afrikas Musik verbunden: HOMEGROWN (Minor Music). (5) Für Freunde des „Hinhör-Jazz“ ist auch SPLIT IMAGE (Enja) ein spannendes Vergnügen. Mark Helias, Bassist bei Ray Anderson und den Slickaphonics, strolcht hier im Quintett mit Dewey Redman und anderen sehr selbstbewußt durch ein Labyrinth der Stile: vom ganz unspekulativen Tango bis zum schrägen Blechgebläse. (5) Aber auch hierzulande wird souverän gejazzt: Trompeter Johannes Faber und Hansdampf auf allen Fellen Billy Cobham schreiben Eingängiges zwischen Funk, Rockjazz und Puristenfutter. Viel gute Ideen auch vom Keyboard (Jörg Reiter) und Sax (mit Christoph Lauer optimal besetzt). Das CONSORTIUM (Mood) klingt, als könne es mit Anstand als nächstes ein Doppelalbum füllen. (4) Andy Narell hat als Steeldrum-Virtuose eine verständliche Vorliebe für Calypso, Karibisches, Brasilianisches. SLOW MOTION (DGG) ist fast schon ein Anwärter auf die Popcharts: klanglich und rhythmisch unübertroffen transparent. (5) Kuba, Brasilien und New York liefern auch den Background für eine in kühleren Gefilden noch verkannte Latin-Größe: Paquito d‘ Rivera. Der spielt außer Altsax noch Klarinette – tanzbar und fern vom Dixie-Klischee. Er wäre sicher DER Saxer für Working Weeks Salsa-Gebräu. WHY NOT (CBS, 4). Apropos Gebräu: Fusion kann eine tolle Sache sein, wenn sie zum Beispiel so perfekt und originell gemixt ist wie bei Manteca. (Die Gruppe benannte sich nach einem Gillespie-Klassiker.) Auf STRENGTH IN NUMBERS überraschen die ebenfalls salsa-infizierten Kanadier mit scharfen
Bläsersätzen, „unerhörten“ Keyboardsounds und geheimnisvoller Percussion. (4) Voll im Sumpf der Muzak stecken drei schwarze Musiker, die sich nicht zuletzt um die Avantgarde verdient gemacht haben. Ob Wynton Marsalis sich in den Frack wirft, die Trompete stopft und – von Streichern umsülzt die optimale Berieselungsmusik fürs Nobelkaufhaus abliefert (HOT HOUSE
FLOWERS, CBS); ob Arthur Blythe mit weinerlichem Saxgetöne durch discoflaue Popnummern schmiert (PUT SUNSHINE IN IT, CBS): Sie sollten sich schämen! Beide (2) Wie letztlich auch der supercoole Multiinstrumentalist und Sänger Jamaladeen Tacuma, dessen Funkjazz nicht halb so schrill geriet wie das Cover für SO TRANQUILIZIN‘ (Intercord). Programmatischer
Titel: „We are the jet set“. (3) Zum guten Ende: Wenn sich Keith Jarrett im Trio mit Gary Peacock und Jack De Johnette an balladeske STANDARDS (ECM) hält, dann wird auch das VOLUME TWO dieser Unternehmung zum Klassiker.
(5) Noch Platz in der Immerwiederhören-Ecke? Den füllt ein Doppelalbum von Mike Westbrook. Er hat mit ON DUKES BIRTHDAY (HAT HUT) sein jazzfreudigstes Opus eingespielt: ein Kompendium all dessen, was man in unkonventioneller Orchesterbesetzung zwischen Rock und Beinahe-E-Musik treiben kann, ohne dem Geiste Ellingtons untreu zu werden. (5)
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