Jethro Tull – Under Wraps

„Pied Piper“ lan Anderson enthüllt zum Beginn der Tull-Tournee ein dicht collagiertes Konzeptkaleidoskop, das mit seinem satten Genre-Mix aus adaptiertem Folk, aufbereiteter Kulturmusik, R & B, synthiglänzendem Mainstream-Pop, dem kantig-rauhen Drive der berühmten Flöten-Staccati und lyrischem Akustik-Sound ehrgeizig auf die Bühne drängt.

Von den klar strukturierenden Keyboard-Breaks des Rahmentitels „Under Wraps (1)“ leitet ein flott überblasenes Flöten-Intro zum pulsierenden Erzähl-Rhythmus von „European Legacy“ über. Perlend phrasierte Mellotron- und Drums-Tupfer pointieren die leicht süßlichen Melodiebögen der Ballade „Later That Same Evening“.

Nach der um Funk bemühten Monotonie des eher trüben Jazz-Rock-Ansatzes von „Nobody’s Car“ und den überstrapazierten Riffs von „Radio Free Moscow“ bewegt sich Anderson in „Heat“ endlich auf vertrautem Areal: Nach trügerisch-lyrischem Flötenspiel kobolzt er mit feixender Süffisanz durch die halbseiden schräge Scheinwelt des Rattenfänger-Territoriums.

Erzählender, dichter Hard-Pop bei der Single-Auskopplung „Lap Of Luxury“; schade, daß der hartgestanzte Beat und die treibenden Gitarren-Soli Martin Barres zugunsten des glatten Sounds.verwässert werden. Auf die kühle Mellotronund Synthistimmung von „Astronomy“ im Klangkostüm der Kraftwerk-Elektroniker bietet „Under Wraps (2)“ als Rahmenschlußteil einen dichten und musikalisch gefühlvoll arrangierten Choral in renaissancehafter Folkmanier.

Insgesamt bieten Jethro Tull mit UNDER WRAPS ein perfekt produziertes, aber an Sound- und Effektmaterial übervolles Konzeptalbum, das Tull-erprobte Stilgrenzen stellenweise in Richtung Kitsch überschreitet. Wegen des in sich geschlosseneren zweiten Teils eine knappe: (4)