Joe Cocker

Stingray

A&M Records (Universal)

Cocker + Jamaica + Blues + Reggae — diese Kombination ist gar nicht so schlecht. Joe Cocker scheint bei der Arbeit in Jamaica mittlerweile einigen Streß abgeworfen zu haben. Er wirkt gelöster, obwohl er seine Röhre noch ganz gewaltig aufreißen kann. Trotzdem, Cocker schwenkt zwischendurch soweit auf „weich“ um, daß er mit seinen sanften Blues-Interpretationen schon fast dem dicken, gemütlichen Bobby Bland ähnelt. Cocker tut diese entspanntere Form der Musik offenbar ganz gut. Ohne die gehetzte Überreiztheit wirkt er weitaus gesünder. Nicht etwa, daß er für diese LP seine Persönlichkeit total umgekrempelt hat — er hat sich hier und da nur einen Dämpfer verpaßt, gerade so bemessen, daß noch jede Menge „Soul“ übrigblieb. Soul genug, um einen Reggae-Blues noch „authentisch“ wirken zu lassen (obwohl das für diese Kombination wohl nicht ganz der richtige Ausdruck ist). Der pure Reggae „The Man In Me“ wirkt für meinen Geschmack jedoch im Gesamtkonzept ein wenig zu verspielt. Der nächste Schritt wäre dann die Cocker-Steelband. Doch soweit wird’s nicht kommen, denn ein Cocker läßt sich nicht völlig besänftigen: „She’s My Lady“ und „Born Thru Indifference“ (ein Cocker/Tee-Titel) lassen der alten Chaoten-Seele noch ziemlich freien Lauf. Auf „Worrier“ spielt übrigens Eric Clapton die Blues-Gitarre. Bob Dylan ist durch zwei seiner Songs („Catfish“ und den zum Reggae umfunktionierten „The Man In Me“) vertreten und Leon Rüssel als Autor von „A Song For You“, mit dem die LP ausklingt; im großen und ganzen eine relaxte Produktion mit gelegentlicher Hochspannung. 3,5 Gaby STINGRAY Joe Cocker 27 145 XOT