Joe Satriani – Engines Of Creation

Wir Kulturmenschen wissen Bescheid. Superman kommt vom Planeten Krypton, Spiderman klettert wie eine Bergziege und Batman rettet regelmäßig Cotham City. Es gibt aber noch weitere Superhelden.Yngwie Malmsteen beispielsweise, Steve Vai oder Joe Satriani.

Mit flinken Fingern sind sie jedem gitarristischen Abenteuer gewachsen, ob es sich um gefährliche Akkorde handelt, die wahrscheinlich ein schlecht gelaunter Frank Zappa oder Arnold Schönberg in grauer Vorzeit am Reißbrett entwarfen, oder um abstruse Läufe, die in wahrhaft kryptonischer Geschwindigkeit durch Zeit und Raum eilen. Superhelden haben ihre Fans. Die legen viel Geld auf den Tresen, um die Wunderwaffen ihrer Idole zu besitzen, exotisch geformte Gitarren etwa, oder Effektgeräte, deren Bedienung fatal an die des NASA-Zentralrechners in Houston erinnert. Wenn so ein Fan ENGINES OF CREATION hört, dann sagt er halblaut „Waaahnsinn“, nimmt die CD mit zum Gitarrenlehrer und nervt selbigen solange, bis Satrianis Jüngste endlich im Player liegt. Dem gitarristisch Halbgebildeten fällt hingegen vor allem auf, das Satrianis Gitarre selten wie eine Gitarre klingt. Meist erinnern die Sounds an Synthesizer, was dann natürlich die Frage aufwirft, warum sich da einer die Finger wundspielt, wenn das, was hinten rauskommt, so klingt wie eine Mischung aus Programming und Tastenarbeit. Anders gefragt: Wer als Musiker einen Synthesizer hören will, könnte doch ganz einfach einen Synthesizer spielen, oder? Unter Superhelden gilt das wahrscheinlich als unehrenhaft, erst jahrelange Lockerungsübungen und millimeterdicke Hornhaut auf den Fingerkuppen, um dann wie irgendein dahergelaufener Techno-Trottel an Knöpfen und Schaltern rumzufummeln. Jedenfalls hat Satriani ENGINES OF CREATION-bis auf einen Song-im Alleingang eingespielt. Denn neben einer Gitarre, die wie ein Synthesizer klingt, gibt es noch Synthesizer, die wie Bässe, Keyboards und ein Schlagzeug klingen. Satrianiman kann also durchaus an Knöpfen fummeln, wie die D ’n‘ B-inspirierten Backing Tracks beweisen. Er kann womöglich auch noch Chopins „Nocturnes“ auf dem Piano hinlegen, wenn man ihn dazu provoziert. Mir waren Superman und seine Comic-Kollegen immer ein wenig suspekt. Mehr als ENGINES OF CREATION berührt mich die traurige Nachricht, dass Charles M. Schulz gestorben ist, dessen Helden wirklich super sind.