John Martyn – Well Kept Secret

John Martyn erinnert mich oft an Joan Armatrading: Hier wie dort diese kaum mit Worten darzustellende Mischung aus Rock, Jazz, Folk und was weiß ich alles; hier wie dort jahrelanges Abseitsstehen trotz oder gerade wegen der Güte der Musik; und hier wie dort der langsame, stetige Aufstieg zu größerer Bekanntheit (wo Armatrading jedoch deutlich Vorsprung besitzt). Mit anderen Worten: Martyn ist im Kommen, was sich schon daran zeigt, daß heutzutage seine LPs anstandslos auf dem deutschen Markt veröffentlicht werden (das war nicht immer so!).

Aber kantig klingt er nach wie vor… glücklicherweise! Im glänzenden „Hung Up“ etwa darf’s kein normaler Baß sein, sondern ein bundloser – weidlich ausgenutzt, was in der Tat dem Stück eine ebenso seltene wie treffliche Stimmung verleiht.

Überhaupt die langsamen Songs: „Hung Up“, „Never Let Me Go“ oder „Could’ve Been Me“ markieren die Höhepunkte des Albums aufgrund Martyn’s sensibel heulender Stimme, die in schnellen Titeln gelegentlich etwas deplaziert wirken kann. Dafür entschädigen dann jedoch kluge Soli u. a. von Mel Collins (sax), Martin Drover (tp) oder Geraint Watkins (acc).

Doch gewiß wird WELL KEPT SECRET Martyn’s Aufstieg keineswegs sprunghaft fördern, weil die Grundstimmung sowohl textlich (Flehen nach Liebe, Selbstzweifel etc.) als auch musikalisch doch arg pessimistisch bis depressiv klingt. Ein wertvolles Album, das man nicht sehr oft abspielen sollte…