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Zwei Platten des schweizer New Wave-Labels „Off Course“. Es ist schwierig, diesen Produktionen gerecht zu werden, wenn man ständig mit der Entwicklung auf dem englischen Sektor befaßt ist. Man muß jedoch berücksichtigen, daß die hiesige alternative Musikszene ihr Jahr Null viel später und auch längst nicht so intensiv erlebte wie die Engländer. Nichtsdestoweniger spielten die drei von Kraft durch Freude (KdF) trotz des deutschen Titels WIR BLEIBEN KAMERADEN eine absolut anglophile LP ein. Oder ist es nur eine EP? Auf jeden Fall läuft sie auf 45 U/PM und es gibt sieben Titel – englisch gesungen. Adolf B. Schlauer (dr). Rudolph Dietrich (g, voc) und Heinrich Heinricht (bg, voc) fabrizierten Garagensound mit hitzigem Live-Charakter und Hang zu melodischen Refrains. Ihr Beatschuppen-Appeal trägt durchaus traditionelle Züge. Ihre Stärke sind simple aber handfeste Akkorde. Die Songs klingen matschig, aber irgendwo ganz gut abgerundet. Obwohl die drei nicht wie große Erfinder klingen, beweisen sie doch eine Nase für poppige Songstrukturen. Sehr ambitioniert klingt „Berlin Wall“, ein Song dessen interessante Struktur bei besserer Produktion sicher erst richtig zur Geltung gekommen wäre. Aber wir wollen nicht zwei Entwicklungsphasen überspringen, sondern abwarten, wie’s mit KdF auf natürlichem Wege weitergeht.

Nun zu Mother’s Ruin, die vier Titel aufnahmen – produziert wie KdF übrigens auch von Rudolph Dietrich. Mother’s Ruin sind Marcel Dubach (dr), Reto Ressegatti (g), Sylvia Holenstein (voc), Markus Engelberger (g, Voc) und Freddy Stählin (bg). Sie sind noch tief im frühen Punk verwurzelt, AdvertsÄra würde ich sagen. Sie preschen mit energischen Pogos vor und charakterisieren ihre Ambitionen treffend mit „Noise & Music“. Über die Geräuschebene finden sie zu Rhythmusstrukturen; bei Mother’s Ruin ziehen durchaus nicht immer alle Instrumente an einem Strang. Was mir bei dieser Band gefällt, sind die Texte; die Ideen sind originell und auf simple Weise einleuchtend zugleich. Wieso ist vorher noch niemand darauf gekommen, daß das bedauernswerte Godzilla-Monster in Wirklichkeit nur auf Brautschau war, als es aus Versehen ein paar Wolkenkratzer umstieß? Und warum können im Plastik-Zeitalter nicht auch die Menschen aus Plastik sein? Reißfest, kratzfest, steril und gleichmäßig ausgestanzt?