Kate Bush

Lionheart

EMI

Man braucht sehr viel Zeit, um mit der zweiten Kate Bush-LP vertraut zu werden. Und guten Willen. Daß sie den unbefangenen Charme ihres Debut-Albums „The Kick Inside“ sofort wieder aus dem Handgelenk schütteln kann, wenn sie Songs nach Terminplan schreiben muß – daran zweifelten sogar viele, die Kate’s erste Langspielplatte von morgens bis abends auf dem Plattenteller hatten. Tatsächlich: ein würdiger Nachfolger von „Wuthering Heights“ fehlt, ebenso wie ein Lied mit der zauberhaften Ausstrahlung von „The Man With The Child In His Eyes“. Fast jedem Song hört man an, daß Kate Bush, ihrer Verpflichtung bewußt, sorgfältig gebastelt und konstruiert hat. Die ungezwungene Leichtigkeit, mit der sie ursprünglich von Song zu Song schwebte, ist wie eine Seifenblase geplatzt. Keines ihrer neuen Lieder ist schlecht; man merkt ihnen nur oft die Mühe an, die sie machten. Für den Zuhörer bedeutet das ein mühseliges Durchkämpfen. Wäre da nicht hin und wieder ein Temperamentsausbruch wie in „Hammer Horror“ oder in „Don’t Push Your Foot On The Heartbrake“, der einen spontan fesselt – man würde vielleicht zu schnell aufgeben.

Der Reiz dieser LP liegt versteckt. Denn je öfter man „Symphonie In Blue“, „In Search Of Peter Pan“ oder „Wow“ hört, desto bereitwilliger steigt man darauf ein. Prätentiös wirkt dagegen der Titelsong: „Oh England, My Lionheart“ klingt wie der Vortrag einer höheren Tochter beim Hausmusik-Abend. Dort, wo ihre musikalische Kreativität noch nicht robust genug ist, hat Kate Bush immerhin bei den Texten besser durchgehalten:sensibel und fantasievoll.