Kollo, Lemper, Milva – Die Dreigroschenoper
Anno 1900 geboren, 1950 gestorben – in Sachen Kurt Weill ist 1990 manches fällig. Die Schrägen der Rock- und Popszene haben ihn eh längst entdeckt. Nun kommt er endlich „pur“ zu Ehren – als Komponist der „Dreigroschenoper“ (1930 uraufgeführt), deren Librettist Bertolt Brecht war. Dementsprechend wurden Mackie Messer und Polly Peachum gerne mit Schauspielern besetzt („für Sprechgesang reicht das allemal“); die Texte bellten und jaulten, während Instrumente die Melodien klarzustellen hatten. Der Amerikaner John Mauceri setzt in seiner Neueinspielung konsequent auf Weills Musik, mit einem an Oper und Musical „klassisch“ geschulten Personal, mit Sinfonietta und Kammerchor des Senders RIAS. Das hätte jederzeit verkrampft enden können wie Ute Lempers Musical-Interpretationen – und erweist sich doch statt dessen als wohl ideale Interpretation der bissigen Bankelgesänge und Balladen (Dialoge und Orchestervorspiele wurden aufs Notwendigste gekürzt): ein mackiemesserscharfer Rene Kollo; ein Mario Adorf, den man an der gelegentlich hörbar strapazierten Stimme kaum erkannt hätte. Umso souveräner ist die Operndiva Helga Dernesch als Mama Peachum, während Ute Lemper als Polly in erster Linie Lust macht auf die als Jenny engagierte Milva. Und Milva, neben Weills Witwe Lotte Lenya die Weill-Interpretin schlechthin, wird an gespenstischer Intensität nur noch übertroffen vom Kollegen Kollo. Neben den „Dreigroschen-Hits“ stehen Songs wie die grandiose „Zuhälter-Ballade“ sehr gut da. Hier gibt’s 74 Minuten Weill-Vergnügen für Fans und Skeptiker in souveräner No-nonsense-Interpretation.
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