Kopfhörer hrsg. von S. Müller & M. Nuscheler

Vor einiger Zeit habe ich mal zugehört, wie Dietmar Dath und noch jemand Plattenkritiken vorgelesen hat zu Platten, die es gar nicht gibt. Das war vom Ansatz her witzig, in der Realität aber leider saufad, weil man all die Worthülsen, Phrasen und Klischeemetaphern ja längst aus lausenden minderen „echten“ Plattenkritiken kennt, deren unfreiwillige Selbstverarschung weit über die ironische Bespiegelung hinausreicht. Ein ähnliches Problem hat schon vom Ansatz her dieses Buchprojekt-schließlich haben wir doch schon immer vermutet(und manchmal ist das sogar belegt, frag mal zum Beispiel die Black Crowes) dass mancher überlastete Kritiker weder Zeit noch Lust hat, sich all das wirklich an oder gar durchzuhören, für dessen sofort wieder vergessene Bewertung er ein Taschengeldchen kriegt. Kein Wunder also, dass unter den vielen Beiträgen in diesem Buch manche sind, von denen man nicht weiß, ob sie jetzt witzig oder ernst gemeint sein sollen-sie sind jedenfalls keines von beiden, so etwa die dreiseitige Suada eines gewissen Oliver Uschmann über die Libertines, deren zweites Album er (absichtlich?) mit dem ersten verwechselt und über die ihm nur einfällt, dass er sie irgendwie vom Image her nicht so abkann,gähn. Auf der anderen Seite stehen Beiträge etwa zu Madonnas Like a virgin, die tatsächlich Ungehörtem ein treffendes Gesamturteil über Phänomen und Wirkung zu entsaften vermögen, und Christoph Eberts gezeichnete Sea-And-Cake-Kritik ist so liebevoll angemessen,dass man kaum glauben möchte, dass er everybooy wirklich nicht kennt-jedenfalls glaubt man die Platte selbst zu kennen, ohne sie je gehört zu haben. Ein paar weniger Sach- und Schreibfehler und eine kritischere Auswahl der Beiträge hätten aus dem Projekt ein definitives Statement zum Problembereich Kunst-Musik-Produkt-Kritik-Rezension-Kommerz-Musikjournalismus machen können. So ist’s ein Flickwerk mit immerhin lohnenden Passagen.

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