Kreuzberger Nächte

Herr Lehmann Regie: Leander Haußmann, D 2003 Krtstattweizenträume in der Mauerstadt: Sven Regeners lakonisches Romandebüt als großartig besetzte Kiez-Studie.

Kreuzberg, vor dem Mauerfall. So war’s, genau so war’s, oder zumindest ungefähr genau so. Kleines, stolzes, borniertes Asterix-Wir-das-Dorf-ihr-die-Besetzer-Feeling, sich zwischen Dönerbuden und Loch-inder-Wand-Kneipen fühlen wie King Louie bis sechs Uhr früh, und dann um elf schon wieder Schweinebraten bestellen. Kreativ nix auf die Reihe bringen, mit 30 bestenfalls gelernt haben, wie man Kristallweizen einschenkt und aggressive Tölen besoffen macht. Aber immer große Reden schwingen, keine Blöße geben und sich gegenseitig versichern: es muss was passieren. Morgen oder vielleicht übermorgen. Oder dann eben doch nicht herr Lehmann ist nicht nur als ziemlich kongeniale Umsetzung des Bestsellers von Element-Of-Crime-Sänger Sven Regener zu verstehen, als Hommage an ein Biotop, wie es das auf der Welt eben nur einmal gab, im Schatten der Mauer damals, sondern auch als Antwort auf gooo bye,lenin. Auf den sympathisierenden Westblick auf das Leben im Osten folgt jetzt der gelassene Ossi-Blick auf westliche Slacker-Attitüde, gepflegte Antnebstosigkeit, wie sie Berlin SO 36 eben auszeichnete. Dass Leander Haußmann die mit weitem Abstand lässigsten und erfindungsreichsten deutschen Filme dreht, weiß man spätestens, seit er in sonnenaliee die Mauer wegtanzen ließ. Jetzt hat er seinen Stil noch verfeinert. Das ist jetzt fast schon aufreizend unaufgeregt, wie er die Zeit in diesem seinem zweiten Film verstreichen lässt. Sexy. Das ist das Wort, das wohl am besten passt. Weit herr Lehmann nichts anderes will, als seinen Figuren, seinem Ort und seiner Zeit gerecht zu werden. Weil er liebt, was er zeigt. Und weil Christian Ulmen, dem man schon immer noch mehr zugetraut hat als den höheren Blödsinn seiner MTV-Schau und auf dessen nächsten Schritt man jetzt richtig gespannt sein darf, eine große Leistung bringt. Wenn er in der Dönerbuden-Meltdown-Szene vor den Scherben seiner Liebe zur Schönen Köchin Katrin steht, spürt man tatsächlich einen Kloß im Hals. Ansonsten: Tränen der Freude. 5 Start:2.10.

Mit Christian Ulmen, Detlev Bück. Katja Danowski, JanekRieke u.a.

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