La Düsseldorf – Individuellos
Der Zufall will es so, daß jedesmal, wenn eine neue La D.-Produktion bei mir eintrifft, gerade Besuch da ist, der spätestens nach dem zweiten Stück vergnügt mit dem Fuß wippt und dann beim Gehen fragt: „Wer war das eigentlich?“ „La Düsseldorf“, sag ich dann mit strengem Blick, so daß jeder ganz kleinlaut und schuldbewußt von sich gibt: „Wer ist denn das?“ Also, La D., das sind Hans Lampe und die Dinger-Brüder Klaus und Thomas, und der Album-Titel ihrer dritten LP verrät auch gleich, was sie sind: „Individuellos“. In einer Zeit, wo Individualist ein ebenso schlimmes Schimpfwort ist wie Intellektueller oder Prolo, tut sich eine Gruppe wie La D. zwangsläufig schwer. Nie und nimmer paßt sie in eins der ideologischen Kästchen, in denen engstirnige Musikfraktiönchen erbittert gegeneinander kämpfen.
La D. stammt zwar aus dem Umfeld Kraftwerk und Cluster, aber ihr Ziel ist, ganz eigenwillig positive Gute-Laune-Musik zu machen. Gegenwartsmusik, direkt konkret und dennoch fröhlich verspielt. Da gibt es, wie im Märchen, Gut und Böse, Mögliches und Unmögliches, aber immer ein Happy End. Auch INDIVIDUELLOS schafft sofort ein gutes Klima – weg mit dem Grauschleier, der über unserem nebligen Winter-Alltag hängt – hinaus ins Leben und mal sehen, was dann passiert! Diese Stimmung vermitteln alle La D.Stücke, die einfache Tatsache, daß wir Menschen sind und leben. „Menschen“, das in instrumentaler Version wiederholt wird, knüpft direkt an „Viva“ von der zweiten LP an. Und Menschen, die sind alle gleich und dennoch individuell, sie träumen alle den gleichen Traum, nur anders. Kernstück der La D.-Philosophie und Titelstück der LP „Niemand ist wie ich und niemand ist wie du…“. Was bei anderen peinlich banal klingt, das klingt bei La D. selbstverständlich souverän. Ob Sonne, Mond ob Sterne, die Blumen oder das Meer – einfach die ganze Welt, die sie großmütig umarmen. Wer nennt ein Stück schon heutzutage einfach „Sentimental“? Vor allem auf Seite 2, die, abgesehen von den gutgelaunten La la la-Chören und Geräuschmontagen, instrumentale Rummelplatzmusik bietet, kommt am ehesten dem Begriff moderner Volksmusik nahe. Unverkrampft, leichtfüßig, wie aus der Spieldose schnurrt das ab. Nach dem kräftigen „Dampfriemen“ folgt ein graziler Landler, der sofort zum Mitpfeifen animiert. Da sieht man Tanzpüppchen, die sich bis zum Umfallen im Kreis drehen und hört eine Jingle-Bell-Kutsche auf Schneepartie. Das Traben und Rasseln im Hintergrund könnte aber ebenso von einem Pferd stammen – die Illusion ist perfekt. „Flashback“ beschwört mit einer originellen Toncollage Kindheitserinnerungen und „Das Yvönnchen“ stupst mit Poesie die Phantasie.
Das Klavier wird übrigens von Andreas Schell gespielt. Das haben La D. mal eben so auf ihr selbstgestaltetes Cover gekritzelt und wirkt wie alles von ihnen – ein plötzlicher Einfall, liebevoll umgesetzt, damit das ganze Jahr über Jahrmarkt herrsche. Die Zeit wird kommen, wo mich kein Besuch mehr nach dem Namen der Gruppe fragen wird – weil ihn jeder längst kennt.
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