LateNight Solo – Die Methode Harald Schmidt
Man meint das ja manchmal: Die Biographie ist der Hintergrund künstlerischen Schaffens: um den Dingen ob man sie schätzt oder ablehnt auf den Grund zu kommen, braucht man also bloß ein bisschen Lebensumstände studieren, schon blickt man durch. Wie sagte man früher so schön? Pustekuchen. Ich habe mich durch Mariam Laus Schmidt-Biographie gequält und danach nicht mehr gewusst und empfunden als diffusen Ärger. Über Laus Geschwafel, nicht über Schmidt. Kay Sokolowsky geht die „Sache“ ganz anders an. Er hat im letzten Wintersemester an der Hamburger Uni ein Seminar über Schmidt veranstaltet und seinen Stoff selber penibel studiert – heißt: nicht etwa Schmidts „Leben“, sondern sein Schaffen, bis in Einzelwort und -geste hinein – und daraus Schlüsse gezogen, die selbst den verblüffen werden, der Harald Schmidt sowieso für einen meilenweit aus dem deutschen Fernsehbrei herausragenden Leuchtturm des Geistes hält. Zum Beispiel, dass sich die „Methode Harald Schmidt“, ein auf mehreren Ebenen handelndes Rollenspiel, direkt von der „Neuen Frankfurter Schule“ Henscheid. Bernstein et al.l herleiten lässt. Und Sokolowsky tut, was ein guter Kritiker tun muss, was aber nur die allerbesten Kritiker können, ohne in banalem Schmonz zu verpludern: Er liebt sein Objekt. Begünstigt wird diese Liebe von einer gewissen geistigen Verwandtschaft, die energisch bestätigen wird, wer je einer späten Stunde beiwohnte, in der der Autor seinem unmutigen Witz und Überdruss am widersinnigen Doofgewese der Welt Luft machte. Sokolowsky, den auch das beste Bier der Welt nicht darüber hinwegtrösten kann, dass im Sudkessel des öffentlich-deutschen Intellektualismus mehr Dummheit und bornierte Leere schäumt, als das bisschen Stammwürze verkraften kann, enthält sich indes der grellen Komik und bevorzugt statt dessen das feine, wohlgesetzte Wort, das er so gar wohl setzt, dass das ganze Buch als Elixier der Freude und Erkenntnis ins Hirn hineinfließt, ohne zu schrammen und zu sperren. Und dann geht es ja nicht nur um Harald Schmidt, sondern ums Fernsehen als solches und überhaupt. Da muss erst mal einer daherkommen, der sich besser auskennt als Kay Sokolowsky, und einer, der sich besser ausdrücken kann, ist nicht zu erwarten. Wer immer noch glaubt. Hans Magnus Enzensbergers alter Hut vom“.Nullmedium sei im wesentlichen das, was über das deutsche Fernsehen zu sagen sei. der lasse sich belehren. Und belustigen: Sokolowskys Mischung aus Witz, Wut, Wahrheit, Spannung und Sprachmacht ist derart furios und brisant, dass es irgendwann schon genügt, wenn er den Namen „Durs Grünbein ‚ hinschreibt, um den Leser in den Lachkrampf zu stürzen, der [Selbstversuch!) eine ganze Trambahn miterheitert. Da ist er Herrn Schmidt vielleicht schon wieder näher, als er selbst weiß.
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