Leaving The 20th Century :: Von Dave Henderson & Howard Johnson

MORBIDES MACHWERK

Was haben Jelly Roll Morton und John Lennon gemeinsam? Richtig: Sie sind Mitglieder im Club der toten Musiker. Und genau dem ist dieses Buch gewidmet.

Warum werden verstorbene Musikeranders behandelt als durchschnittliche Erdenbürger? Naja, sie waren zu Lebzeiten möglicherweise berühmt, treue Fans bedauern ihr Ableben, und ihre Platten verkaufen sich nach dem Exitus oft besser denn je. Außerdem geht die Entleibung mitunter spektakulär vonstatten, sei es durch den finalen Drogenschuss.ein defektes Tour-Flugzeug oder gar den selbstgewählten Abgang ins Jenseits. Auch Mikrophone und Gitarren können zu Mordinstrumenten werden, zumindest wenn 220 Volt mit im Spiel sind. Alles schon dagewesen, und noch mehr. Nachzulesen in LEAVING THE 20TH CENTURY, das von Blind Lemon Jefferson (1929, Herzattacke) bis Curtis Mayfield (1999, Spätfolgen eines Bühnenunfalls) alle technischen und biografischen Daten parat hat. Was das soll? Schwer zu sagen, denn auch wenn der Tonfall bemüht sachlich ist, bedient das in pietätvollem Schwarzweiß gehaltene Büchlein vor allem die Sensationslüsternheit morbid veranlagter Leser. Frei nach dem Motto: „Sie sind alle tot, aber ich lebe noch.“ Ein schöner Schauer, nicht? „Boa, ey, Janis hatte 14 Einstichlöcher, Bolans Mini Cooper war nur noch Matsche, und der Cobain hat sich voll krass die Rübe weggeblasen.“ Hier bleibt derfade Nachgeschmack von Leichenfledderei. Macht es einen Unterschied, ob ein Prominenter per Helikopterabsturz, Herzanfall oder Heroin über die Wupper ging? Das Ergebnis ist immer gleich. Und immer gleich traurig. Lasset dieToten ruhen, ehret ihr Andenken und höret ihre Musik. Aber geilet Euch nicht auf am Boulevard-Tratsch von gestern.

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