Leo Kottke – Chewing Pine
Aus dem Status des Geheimtips ist der Gitarrist Leo Kottke wohl langsam auch hierzulande herausgewachsen. Seine charakteristische Saiten-Raserei hat ihm einerseits viel Bewunderer, auf anderer Ebene jedoch den Vorwurf der Eintönigkeit und Unflexibilität beschert. Vielleicht ist ihm das zu Ohren gekommen, jedenfalls zeigt er sich auf seiner jüngsten LP erstaunlich gelöst und für seine Verhältnisse wahrscheinlich ungeheuer kommerziell; zumindest auf der ersten LP-Seite. Mit Piano, Orgel, Baß und Schlagzeug im Hintergrund vermittelt Kottke nicht nur aufgelockerten Country-Sound, sondern entwickelt auch Gespür für einen sauberen Popsong – natürlich bewegt er sich dabei nicht über seine Grenzen hinaus. Er verleiht dem Gary Brooker/Keith Reid-Song „Power Failure“ sogar ein erstklassiges Rockfeeling, ohne dabei sein Gesicht zu verlieren. Vor einem kompakteren Hintergrund gefällt mir seine Stimme sowieso besser. Früher konnte er einen mit seinem unsentimentalen und geradlinigen Organ manchmal ganz schön erschrecken. Erheblich lockerer als früher gibt sich Kottke auch auf Seite 2, die der Gitarre gewidmet ist, hauptsächlich der klassischen Gitarre, um genau zu sein. Seine oft schon erstarrt wirkende Methode löste er hier durch spanische Einflüsse auf, was seinen rasenden Läufen viel von der verbissenen Hektik früherer Zeiten nimmt und viel mehr Unbefangenheit gibt. Ich finde, daß Leo Kottke hier einen guten Kompromiß gefunden hat, seine Musik verkaufsträchtig etwas aufzumöblen.
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