Lou Reed – Mistrial
Was kann ein neues Reed-Album schon Neues/Anderes bringen, was nicht schon auf einem alten Reed-Werk zu finden war? Antwort: Natürlich nicht viel, aber dennoch kann man sich in das Bewährte immer wieder neu verlieben! Nachdem man sich wn der Last dieser Fragestellung befreit hat. kommt ein unbekümmerter Lou Reed mit seiner Rock ’n‘ Roll-Gitarre daher und spielt zum x-ten Mal seine immer wieder faszinierenden Up-Tempo-Rocksongs und Slow-Motion-Balladen.
„Ich war wütend und habe Dinge gesagt, die ich besser nicht gesagt hätte —- aber bitte, wende mir nicht deinen Rücken zu“, singt Reed in einer seiner schönsten Liebes-Balladen; „Don’t Hurt A Woman“ wird getragen von leichten Keyboard-Flügeln und der schnorrenden Reed-Gitarre.
Viel Zeit zum Verweilen läßt er einem nicht — wütend und monoton schlägt Reed mit seinem Rock-Shuffle „Video Violence“ zu: Der Song schneidet sich in die allgegenwärtigen modischen Videobilder wie das Brotmesser ins Fleisch einer Schaufensterpuppe.
Dieses Tempo behält er zunächst auch auf der zweiten Seite bei: „Split It Out“ ist Rhythm & Blues und pure Wut, die Reed aber so gutgelaunt vorträgt, daß man seinen Sinn für Dramaturgie bewundern muß.
Die schillernde Welt der Selbstdarsteller — von Reagan bis Jerry Hall — deckt thematisch der „Original Wrapper“ ab: Reed, bekannt für seine persönlichen Rap-Einlagen bei Live-Auftritten, rappt/spricht hier seinen Vortrag über einen pulsierenden Funk.
„Mama’s Got A Lover“, ein Rocker, erinnert an das großartige „My Love Is Chemical“, das Reed zum Soundtrack von „White Nights“ beisteuerte. Und mit einer weiteren Ballade – „Tell It To Your Heart“ – beschließt der Dichter sein Werk, das sicherlich zu seinen besseren zählt.
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