Madrugada – Welcome To The Deep End
Oh Schreck, der erste Song, „The Kids Are On High Street“, erinnert an R.E.M. und Bruce Springsteen. Macht es Sinn für eine europäische Band, nach diesen Rock-Ikonen zu klingen? Der Hörer ist besorgt und notiert, daß die drei Norweger, die die USA so lieben, für ihr viertes Album Produzent George Drakoulias (Tom Petty, Black Crowes) und Mixer Dave Bianco (Mick Jagger, Johnny Cash) – zwei amerikanische Profis – engagierten. Zudem nahmen sie noch in L.A. auf, wo sich etliche ihrer Helden [Seeds, Doors, Byrds, Charles Bukowski] rumtrieben. Track zwei, „On Your Side“ klingt denn auch vollends nach Kalifornien, immerhin nach dem Kalifornien der Sechziger. Bei Track drei ist es wieder da, das angenehme Schweben in düsterer Stimmung, die weite Melancholie, das Nordic-Rock-Feeling, das niemand besser auf den Punkt bringt als dieses Trio. Aber eine Gruppe, die etwas auf sich hält, will sich nicht wiederholen, das muß der Anhänger verstehen. Versteht er auch, aber auch die Balance muß stimmen. Hier zieht der schwermütige Madrugada-Sound zugunsten ihrer liebsten Americana-Einflüsse den kürzeren. Schwer beeindruckt sind die Skandinavier zudem von David-Lynch-Filmen mit ihren eigenwilligen Stimmungen und Soundtracks. So waren sie glücklich, für „Hold On To You“ mit Angelo Badalamenti zu arbeiten, Lynchs Filmmusik-Komponisten. In „The Lost Gospel“ werden Country und Gospel vermengt, „Elektro Vakuum“ klingt nach Bob Dylan, „Ramona“ nach Captain Beefheart. Erst mit den letzten beiden Nummern kehren Madrugada endlich zum sinnierenden, weit gespannten Rock zurück, was den Fan der letzten drei Alben ein wenig versöhnt. Dennoch bleibt der Eindruck, daß Madrugada von den Geistern, die sie riefen, überwältigt wurden.
VÖ: 21.3.
www.madrugada.net
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