Magazine – Secondhand Daylight

Im letzten August haben wir das Debütalbum der britischen Gruppe Magazine als herausragende New-Wave-Veröffentlichung des Jahres gefeiert. Wir müssen uns wiederholen: mit „Secondhand Daylight“ hat Howard Devotos Prachtband eine der aufregendsten Produktionen der laufenden Plattensaison nachgeschoben. Und einen neuerlichen Beweis für die immense Kreatitivät erbracht, die die intellektuellen Musiker des jungen Avantgarde-Rock beseelt.

Zwei Formationen dieser Sparte ist Magazine auf schon frappierende Weise ähnlich: da bricht zum einen viel von jener dekadenten Schönheit durch, welche die rauh-romantischen Instrumentalpassagen des zweiten (und leider letzten) Television-Albums geprägt hatte. Mehr noch allerdings hat sich die Gruppe der unterschwelligaggressiven Verzweiflung angenähert, die das Lebens- und Musikgefühl von Landsmann John Foxx und seiner Ultravox prägt. Da sind mindestens drei Titel auf der Magazine-Rille, die beim Blindhören echte Zuordnungsschwierigkeiten machen würden, so das programmatische „Back To Nature“ oder „Rhythm Of Cruelty“ (die Steigerungsform von Ultravox‘ „Dangerous Rhythm“?).

Aber abgesehen auch von anderen gemeinsamen Einflüssen beider Gruppen (Roxy, Eno, Bowie, Reed und Krautelektronik) – die Musik von Magazine trägt insgesamt eine sehr eigenständige Handschrift. Besonders in den atmosphärisch aufgeladenen Klanggemälden, die mal glasklar und kühl-ästhetisch (Titel: „The Thin Air“, „Permafrost“), mal düsterdepressiv daherkommen, verschmelzen breitgefächerte Elektronik-Effekte mit sattem Rhythmus und singenden Bässen, wird Devotos paranoid angehauchter Sprechgesang durch verfremdete Farbtupfer von Gitarre und Saxophon unterstützt.

Der alptraumhaft-surreale Gesamteindruck von „Secondhand Daylight“ bricht sich nochmal im Foto der Innenhülle, welches die fünf Musiker (neu: am Schlagzeug sitzt John Doyle) marionettenhaft zerdehnt. Es ist dies die optische Umsetzung von Howard Devotos musikalisch-literarischem Leitmotiv: der Erkundung des Niemandslandes zwischen Realität und Fiktion.