Maneri/Morris/Maneri – Three Men Walking
Als jungen, gutgekleideten Beau, das glänzende Saxophon lässig in der Hand, den hoch dotierten Plattenvertrag in der Tasche, beschrieb kürzlich ein Kritiker den typischen Newcomer auf dem heiß umkämpften Markt der Saxophon-Talente. Bei Joe Maneri ist alles anders. Er ist 69 Jahre, Professor für Komposition, spielt seit seinem 15. Lebensjahr professionell Jazz und bringt trotz jahrzehntelanger Konzerterfahrung mit dieser Trioeinspielung erst seine zweite Platte heraus. Und wenn für 99 Prozent aller Musiker die Tonleiter aus zwölf Halbtönen besteht, so unterteilt Maneri sie in 72 Tonschritte. Sollte jetzt bei Ihnen die Kakophonie-Alarmglocke schrillen, dann ist das falscher Alarm. Maneris Musik klingt immer ästhetisch und zugleich wunderbar neu und unverbraucht. ECM wurde auf den bereits grauhaarigen Geheimtip aufmerksam durch den auch schon seit längerem bühnenerfahrenen Paul Bley, der Maneris Spiel über alles schätzt. Auf dem Berliner Jazz Fest 1995 trat der Klarinettist und Saxophonist zum ersten Mal mit seinem Sohn Mat (elektrische sechssaitige Violine) sowie Joe Morris (E-Gitarre) vors Publikum. Die Berliner erlebten drei „Debütanten“, die zeigten, wie man auch ohne Promotion für einen Überraschungserfolg sorgen kann.
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