Marcus Miller – Silver Rain

Ohne ihn wäre der späte Miles Davis aufgeschmissen gewesen. Dank Marcus Millers Produzentenherz und vor allem dank seines markig-saftigen E-Baßspiels fand Davis auf Alben wie tutu und amandla zu einer jazzfunkigen Poesie, die einem bis heute nicht aus den Ohren geht. Nur mit dem Tod des Jahrhunderttrompeters hat auch Miller leicht die kreative Orientierung verloren, sind seine Soloalben oftmals nicht über den reinsten Fusion-Waschküchensound hinausgekommen. Was Miller aber jetzt mit SILVER RAIN als aktuelles Lebenszeichen ausgibt, ist schon starker Tobak! Nicht, daß seine Finger eingerostet wären. Wie er das Griffbrett mit virtuoser (Gitarren-)Leichtigkeit ausmißt, macht ihm schlicht keiner nach. Aber weil Miller eben glaubt, daß Ohrwürmer nur darauf gewartet haben, um von ihm in einem Mainstream-Eintopf aus R’n’B und bläsergestützter Funkyneß zu landen, leistet er mit den Coverversionen einen Offenbarungseid. Überall buchstabiert Miller mit seinem penetrant süffigen Baß die Melodie auf Punkt und Komma nach. Ob im mit biederem Groove verschandelten „Girls And Boys von Prince, in Duke Ellingtons marmeladesk überzuckerten „Sophisticated Lady“ oder in dem rockkraftmeierischen „Power Of Soul“ von Meister Hendrix. Der Höhepunkt aber in diesem Schauerkabinett, in dem zwischendurch immer wieder Stevie Wonders Mundharmonika-Geist umherhuscht, ist Beethovens „Mondschein-Sonate“ als gruseliger Schmuse-Blues! Dass SILVER RAIN neben diesem selbstverliebten Hit-Reycling gleich noch sieben Eigenkompositionen von Miller bietet, wäre da fast egal. Wenn nicht zum guten Schluß Marcus Miller in „The Lord’s Prayer“ plötzlich in jenen lyrisch-magischen Ton verfallen würde, der an Jaco Pastorius erinnert.

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