Massive Töne – Überfall

Die deutsche HipHop-Szene ist wie „Die Lindenstraße“. Ein Sammelbecken für statische Charaktere und maßgeschneiderte Prototypen. Mit dem Freundeskreis als „Die Alternativen“, Fanta 4 als „Die Aushängeschilder“, Fettes Brot als „Die Lustigen“ und der Rödelheim-Posse als die Quotenprolls ließe sich manch schnuckligerVorabendsoap der Rang ablaufen. Bis auch den Massiven Tönen der obligate Stempel auf die satten Beats gedrückt wird, werden noch ein paar Wochen vergehen. In der Zwischenzeit dürfen wir dem aktuellen Opus der vier Stuttgarter lauschen. Bei einer Biographie, in der Giganten wie Busta Rhymes auftauchen, liegt die Meßlatte natürlich hoch. Daß ÜBERFALL allen Erwartungen genüge tut, ist nicht zuletzt der fruchtbaren Kooperation mit einer erlesenen Auswahl internationaler HipHop-Acts zu verdanken. Neben Shabazz von den Gravediggaz holten sich Massive Töne mit I Am auch Frankreichs derzeit erfolgreichste Rapper ins Studio. Im übrigen swingen voluminöse Orchester-Samples zu bulligen Raps und gehen lasziver Groove und scharfe Attacken auf Business und Gesellschaft eine spannungsreiche Symbiose ein. Und das macht das gelegentliche Abgleiten in die branchenübliche Hybris allemal wieder wett. Frappant ist, wie sich die Schwaben immer wieder mit verblüffender Sicherheit auf dem Terrain ihrer amerikanischen Vorbilder bewegen. Massive Tone also als „Die Authentischen“? Nun, das wäre vielleicht doch etwas zu hoch gegriffen.