Matthew Shipp – Harmony And Abyss

So wie er sich nicht an einem Tasteninstrument festbinden lässt, so ist für Matthew Shipp der Jazz seit geraumer Zeit ein kunterbunter Abenteuerspielplatz. Mit seiner Band Spring Heel Jack improvisiert er sich dann schon mal durch das Harmoniedickicht bis zu Albert Ayler und Ornette Coleman zurück. Dann wieder verknäult er Funk-Grooves, elektronisches Geklicker und Geklacker mit pumpendem Ambiente zu einem dämonischen Fusion-Ableger. So geschehen jetzt auf HARMONY AND ABYSS, bei dem Matthew Shipps Ideenhaushalt mal wieder reich gefüllt war. Zumal kein Stück dem anderen gleicht, die Richtungen ständig geändert werden – bis die akustischen und elektronischen Sound-Gebilde schließlich kollabieren und nur noch wild verstreute Ton-Fragmente zurückbleiben. Verantwortlich dafür ist ein Quartett, das Matthew Shipp handverlesen zusammengestellt hat. Bassist William Parker sorgt für die nötige Muskelkraft, die an das amerikanische Power-Jazz-Trio Bad Plus erinnert. Und während sich Gerald Cleaver schon mal als trommelndes Maschinengewehr ausweist, lässt Chris Ftam seinen Computer merkwürdig-bizarre Klangmobiles ausspucken. Bei aller Kunstfertigkeit, mit der aus all diesen musikalischen Elementarteilchen gleich zehn Stücke gebastelt werden, bleibt doch stets der Jazz die Hauptschlagader. Wenngleich auch diese so fordernd und sperrig zuckt, als hätten Archie Shepp und Max Roach ihrem Bruder im Geiste, Matthew Shipp, gemeinsam die Hand aufgelegt.

www.matthewshipp.com