Maxis

In einem heißen Sommer dürfen natürlich die passenden, goldenen Songs nicht fehlen. Wenn es auch nur Wiederveröffentlichungen sind. Wham! ade! Ihr Abschiedsgruß: eine 4-Cut Maxi (CBS) u.a. mit einem ’86er-Remix des „WhamIRap“, und der Was (Not Was)-Ballade „Where Did Our Heart Go?“ (3).

Andrew Ridgleys Herz gilt fortan der Schauspielerei und Rennfahrerei; George Michael wird äußerlich Peter Maffay, innerlich Lionel Ritchie.

Auf der weiteren Suche nach Sommer fallen mir zwei wiederveröffentlichte Klassiker in die Hände: das wunderschöne „Golden Brown“ von den Stranglcrs. ihr feinseidenes Sommerabendlied, und, als krasser Gegensatz, das spritzige, aufreibende und kantige „Sweet Lucy“ des Trompeters Raul de Souza (beide EMI, die schon mit der Neuauflage von Human Leagues „Being Boiled“ langjährige Plattensammler ärgerte). Beide: (5)

Wie immer sind auch UB 40 mit ihrem gerichteten Reggae, der Jahreszeit entsprechend, freundlich und sonnig. Das nimmt zwar ihrer uptempo Anti-Apartheid-Hymne „Sing Our Own Song“ (Virgin) ein bißchen die politische Kraft, trotzdem ist der Aufruf eines ihrer schönsten Stücke. Beim Refrain „amanla awethu“ (was soviel heißt wie „the power is yours“) werden sie von Ruby Turner und Jaki Graham unterstützt. (4)

Auch Dan del Santo bezieht zu diesem Thema Stellung. Vordergründig steht der tropische Mix aus Latin und Afro, dahinter verbirgt sich die drastische Aufforderung „bum ihut sysiem und dunce“: „In South Africa“ (Earthworks, 4).

„No Conversation“ (EMI) spricht die eloquente Sprache dreier Farbiger: R ’n‘ B, Gospel und kraftvoller, tiefer Soulgesang. Ohne methodische Spirenzchen ein warmherziger Song von der verheißungsvollen Band View From The Hill, die sich den graziösen Sopran-Saxophonisten Courtney Pine ins Studio holte. (4) Der ’sophisticated‘ und klassisch ausgebildete Pianist Mark Rogers nennt seine Band Hollywood Beyound und fusioniert soften, kalifornischen Rock und babylonische Klänge auf amüsante Weise mit militärisch zackigem Rhythmus. Obendrein trägt er Dreadlocks und fragt zynisch „What’s The Colour Of Money?“ (WEA) Sehr vielseitig, der Mann. (5)

Dagegen zielt die zweite Maxi von Picnic At The Whitehouse auf New York und hiesige Upfront-Clubs. Mit abgehacktem Groove. dynamisch produzierten und dem lauthals geschrienen Titel „East River“ (CBS) stibitzen sie zwar fremde Leberwurst, können aber sicherlich neue Gäste zum Picknick einladen. (3)

Die grobe Leberwurst Afrika Bambaataa schmiert seiner Techno-Funk HipHop-Growd mit dem „Bambaataa Theme“ (Tommy Boy/WEA) ein monströses Instrumental aufs Brot, gibt ihnen per Cover die Message, dankt halb N.Y. und taucht wieder in die Funk-Galaxis zurück. (4).

Unterdessen beweisen die NYer Rhythm-Maker The Latin Rascals, daß nicht Amadeus, sondern Johann Sebastian viel weiter dachte: Seine komplizierte Fuge in D-Moll (Toccata) läßt sich, weil sie eine höchst mathematische Angelegenheit ist, vom Computer spielen und als postklassischer HipHop gut verbraten. „Back To The Future“ (Sutra. 4).

Zwei exzellente Maxis aus der Welt des Garagen-Beats: Cultural Vibes „Ma Foom Bey“ (Easy Street), ein trockener Electro-Beat mit einem ultraharten, synthetischen Baß und afro/ arabischem Gesang. (4)

Und The Real Roxanne (with Hitman Howie Tee) „Let’s Go Go“ (Cooltempo), ein irrer Zirkus aus metallischem GoGo-Beat, Bugs Bunny-Sprüchen, In The Mood-Swing und Rap-Effekt Bang Zoom. (5)

Während Disco die Rhythmik strapaziert, überdreht sich der Pop im Gesang. Für Frankreich steht Rita Mitsouko an erster Stelle, die ihre Stimme mal nonchalant, mal charmant einsetzt, bei „Andy“ (Virgin) immer ein bißchen ironisch, bei „Un Soir, Un Chien“ höchst dubios als Kontrast zu der märchenhaften Melodie. Toll! (5)

Bei Sudden Sway aus London gefällt mir die vorgegebene Schublade „U-Nited Worldipop“. Ein bißchen Sputnik-Tech, gemischt mit einem Gemütstropfen traditioneller englischer Pop-Emotion. Nennt sich „Singsong“. (WEA, 3)