Maxis
Der Sound-Poet David Sylvian spinnt wieder mal Samt und Seide. Bei „Talking The Veil“ (Virgin) dominiert der typische Baß seiner ehemaligen Gruppe Japan über zart versprengte Gitarren-Riffs, einem säuselnden Keyboard und seiner graziösen Stimme. Sein ideales Emotions-Pendant fand Sylvian in Bill Nelson, mit dem er auf der Rückseite seiner Vorliebe für nackte Atmosphäre nachgeht. Ideal zur Beschallung von Lofts und Flughafenhallen. (4)
Ein grandioses Debüt von Bruce Hornsby And The Range, die erste bewegende Rock-Ballade in diesem Jahr. Das druckvolle Piano leitet die emphatische Melodie über die gesamte Strecke, unterstützt von melancholischem Keyboard und Hornsbys glasklarem Bariton. „The Way It Is“ (RCA) – Vollblut-Musik.(5) Feinsinnigen, edlen Pop, weiß und ohne Zucker, spielen Furniture. Ihr Konzentrat — lang gehaltene, schwermütige Orgelakkorde und eine sehnsüchtige Stimme — wird mit Saxophon, lockeren Gitarren und einem federnden Rhythmus aufgegossen. „Brillant Mind“ (Stiff) ist populär-zeitlose Musik, gleichermaßen für die schlabbrigen, Tee trinkenden Briten, wie für die hiesige Kaffeenation. (4)
Anders verkehren Human League. Man braucht nicht mehr gespannt sein, ob sie unter den Fittichen der amerikanischen Top-Produzenten Jimmy Jam und Terry Lewis erdrückt werden: Phil Oakey ordnet sich bieder unter. S.O.S.-Band-Sprenkel und andere allzeit chartergegenwärtige Marotten des Flyte Tyme-Teams sind eher Markenzeichen von „Human“ (Virgin) als irgendein Charakteristikum von Human League; abgesehen davon, daß es eine schöne, aber geklaute Melodie hat und ein platter Song über die menschliche Misere ist: „Im only human, offlesh and blood l’m made, human, born to make mistakes.“ (2)
Everything But The Girl wollen nach wie vor nicht in die Charts. Das könnte ihnen allerdings mit dem orchestralen „Come On Home“ (WEA) doch noch passieren. Was machen sie dann? Wieder ihren zerbrechlichen Bar-Jazz. (3)
Bei aller Achtung vor Filigran-Arbeit, gegenüber Working Weck bleiben sie Kleinkünstler. Die driften mit „Too Much Time“ (Virgin) noch weiter und gröber durch die Stile: weg vom klein angelegten New Jazz zu einer der ganz großen Soul-Disco-Jazz-Formationen dieses Jahrzehnts. Der B-Titel „Soul Train“ zeigt mehr von ihrer versierten Spielfähigkeit, und liegt mit einer verschärften Saxophonversion als 13inch vor. (4)
Überraschenderweise produzierten die disco-steifen Stock/Aitken/Waterman einen Kult-Samba: „New York Afternoon“ (Lisson), geschrieben von Richie Cole. Sie ordnen sich geschickt dem percussiven Drive von Mondo Kane unter, die wiederum eine alte Größe des Samba featuren: Georgie Farne, den Vater von „Yeh Yeh“, mit dem Matt Bianco so tölpelhaft umsprangen. (3)
Eher ein Remake wie dieses von Sandie Shaw. Sie covert den Rock-Klassiker „Frederick“ (Polygram) von Patti Smith. Gelungen. (4)
Oder die andere 60er-Tussi Lulu, damals Lulu And The Luvvers, die ihren größten Hit „Shout“ (Jive/Teldec) zeitgerecht aufpoliert hat. Eigentlich ein Isley Brothers-Song. in der ’86er-Version noch mit Casey Jones‘ „Don’t Ha Ha“ angereichert. Ein amüsantes Beispiel, wie Technik die Geschichte raffen kann. (4)
Rap und Madonna, beide keine kurzlebigen Erscheinungen, finden in unserer schnellebigen Zeit wider Erwarten erst recht spät zusammen: M.C. Miker G & DJ Sven mit dem „Holiday Rap“ (Rush Rec), ein fröhlich infantiles Intermezzo. (3)
Auch das mußte gemacht werden: „Das Altbierlied“ (Virgin) von den Toten Hosen. Mit dem Gassenhauer behaupten sie obendrein ihre Vormachtstellung in New German Kraut Rock. (5)
Yello lassen es zischen und jubeln. Erst interstellare Atmosphäre, dann schießen orientierungslose Beats aus Rhythmusmaschinen, bis das Goldkehlchen von den Associates, Billy Mackenzie. auf einem gesanglichen Höhenflug etwas Songartiges herausschält, das „Goldrush“ (Phonogram) heißt und die ewige Jagd nach Materiellem, nach Farben und Vielfalt beschreibt. Glam-Techno-Pop. (4)
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