Memory Tapes :: Player Piano

Something In Construction/Rough Trade

Nostalgie 3.0. Oder: Cremiger Keyboard-Pop mit Balearic-Beat-Beilage. Fürchtet euch nicht vor dem Comeback der Hammond-Orgel!

Lasst uns noch mal von Klangteppichen reden. Es ist noch gar nicht lange her, da stand der Klangteppich im Verdacht, die Popmusik ersticken zu wollen. Das großflächige Keyboardstück evozierte eher unangenehme Erinnerungen an die Achtziger, es war der Breitarsch in der Welt der Sounds, der bequemen Mainstream-Acts zugeordnet werden konnte. Wie das mit Umdeutungen immer so ist, nachher weiß keiner mehr genau, wie sie entstanden. Breite Keyboardflächen erobern gerade die elektronische Popmusik, und der Amerikaner Dayve Hawke ist einer der Hauptmänner der Bewegung, er hat das Keyboard mit seinem Debüt Seek Magic zum Keyword des Pop erklärt. Die zwölf Tracks auf Player Piano folgen der Idee der Ausdifferenzierung, es gibt Keyboards in allen Preisklassen und Klangzusammenhängen, das reicht bis zur gemeinhin gerne Hullygully-konnotierten Hammond-Orgel, die hier zum seriösen Klangerzeuger wird – in einem Kontext von lauter fließenden, weichgezeichneten, sich verformenden Flächen („Humming“). Hawkes cremiger Pop hat gewiss eine nostalgische Seite, er mag auf Doo Wop, R’n’B und auf Ambient verweisen, aber spätestens die Balearic Beats im Chill-Sound des Amerikaners erinnern daran, dass wir es hier mit einem Hipster-Projekt 2011 zu tun haben. Mit „Sunhits“ wagt Hawke sich am weitesten in die Sphären von Disco und Dancefloor, bleibt dem Projekt Teppich gleichwohl treu. Hätte man New Order oder die Pet Shop Boys unter Betäubungsmitteln ins Studio geschickt, dann wäre etwas den Memory Tapes Vergleichbares schon ein paar Jahre früher entstanden. Jetzt ist Homerecorder Dayve Hawke state of the art damit.

Key Tracks: „Yes I Know“, „Trance Sisters“, „Sunhits“