Meredith Brooks – Deconstruction
Wir erinnern uns, die Sache verhielt sich vor zwei Jahren folgendermaßen: Jeder Song, in dem das Wörtchen „bitch“ – wenn auch nur geflüstert im Fade Out – vorkam, konnte nicht umhin, die Charts zu stürmen. Die dazugehörige Sängerin hatte gleich gewonnen: egal, ob sie sich als Proto-Schlampe, als postfeministische Heroine oder als irgendwie trendy Troubadeuse präsentierte. Eine „neue Weiblichkeit“ machte sich im Rock ’n‘ Roll breit, mit deren Thematisierung jedes Frauenmagazin der Welt sicher übers Sommerloch kam. Und Meredith Brooks sackte mit ihrer „Bitch“ betitelten Hymne nicht eben unerwartet Platin ein. Das warder Anfang der Geschichte, deren Ende wir noch nicht kennen. „Der Erfolg“, sagt ihre Plattenfirma, „ist Meredith Brooks nicht zu Kopf gestiegen.“ Das ist schön zu hören. Wie auch das selbstlos rockende Dutzend Songs auf diesem Nachfolgealbum. Allein in ihrem Haus, unter dem Eindruck ihrer Ehescheidung und dem Verlust einiger Freunde hat die dünne Frau mit dem dringlichen Blick Songs aufgenommen, die ungefähr auf der Höhe der Zeit liegen, wenn man die Morissette-Liga als Maßstab nimmt. Meredith Brooks ist ein Fall für emotionale Tiefgänger und Rock-Forscher. Das Album enthält auch eine Coverversion von Melanie aus dem Jahr 1970 („Lay Down“), die die Brooks schon länger live spielt und für Deconstruction mit Queen Latifah und einem Highschool-Chor aufnahm. Natürlich soll diese Kritik nicht ohne einen frauenspezifischen Wink enden: Der fetzige Opener „Shout“ hat das Zeug zum postpostfeministischen Faschingsschlager und ist darüberhinaus ein veritabler Mutmacher, dessen Zeilen sich vortrefflich auf das zentrale Bekenntnis von James Brown reimen: „If you’re gonna shout/do it good and loud“.
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