Midnight Choir: München, Bongo Bar :: Norwegian Mood

Ein Werter Kollege beschrieb die Songs der vier Norweger unlängst als „wie aus Marmor, schön gemasert, leicht verwittert… elegisch und elegant“. Derlei schwere Kost verträgt kaum vordergründigen Glamour, nicht brachiale Rockisten-Attitüde. So stehen Midnight Choir denn auch ganz und gar unspektakulär auf der klitzekleinen Bühne in Münchens schönsten Trashplüsch-Refugium.fast bewegungslos fabrizieren sie ihre raumgreifenden Ausflüge in die düster-süße Welt der Melancholie. Behutsam schichten sie Klangfarbe auf Klangfarbe, reihen bedächtig die Töne aneinander, und haben dabei unendlich viel Zeit. Hektik kennt hier keiner, 60 bpm gelten als halsbrecherisch schnell. Die gerade mal 50 Zuhörer – schade, schade – starren still und gebannt auf die allenfalls schummrig beleuchteten Musiker.

In den vielen leisen, fast kammermusikalischen Momenten kann man die sprichwörtliche Nadel auf den Boden fallen hören, da stört dann selbst das entfernte Klirren der Biergläser am Tresen. Es sind diese Passagen, in denen Sänger Paal Flaata seine Gitarre vorsichtig streichelt und, kaum hörbar, von unendlicher Traurigkeit murmelt. Dazu pinselt Al DeLoner (welch ein Name!) wahlweise mit Gitarre, Piano oder Melodika karge Pastellfarben zwischen die Zeilen. Zum Finale dann lässt Flaata seinen markanten Tenor aufsteigen, beschwört emphatisch die Leiden des Seins. Drummer Paul Krüger sowie Bassist Ron Olsen zimmern das Fundament,auf dem DeLoner in ebenso präzise wie ökonomische Soli abhebt. Der Mann überlegt sich jeden Ton dreimal, kennt die Stellen auf dem Griffbrett, die Nackenhaare aufstellen können. Musik,die klingt, als hätte sie Edward Grieg nach dem Genuss von „Dark Side Of The Moon“ für Neil Young geschrieben.

Anderthalb Stunden lassen uns Midnight Choir teilhaben an ihrer kargen Kunst. Noch zu zwei Zugaben lassen sie sich schließlich vom restlos euphorisierten Auditorium bitten. Ein Abend von morbider Eleganz, gezeichnet von Drama und Schwermut. Dass Midnight Choir indes nicht zur ätherischen Weintrinker-Fraktion gehören, beweisen Ron Olson und Al DeLoner zur Geisterstunde in der benachbarten „Nachtkantine“ – da hocken die beiden Wikinger nach getaner Arbeit mitten im Getümmel und trinken bayerisches Bier. Langsam, versteht sich.

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