Miles Davis :: Big Fun On The Corner; Get Up With It, Aura

Drei Meilensteine und ein oft übersehenes Spätwerk des Trompeten-Genies.

Drei Meilensteine und ein oft übersehenes Spätwerk des Trompeten-Genies.

Über fünf Dekaden war Miles Davis die treibende Kraft des Jazz und galt auch im Rock-Bereich als Trendsetter. Bis zu seinem Tod Anfang der 90er führte der begnadete Trompeter das Genre von einer Innovation in die nächste: Ob Bebop. Cool Jazz, Hardbop, Freestyle oder Fusion stets war Davis tonangebend. Vier spannende Hörexperimente liegen nun digital remastert und mit neuen Liner Notes vor. Die Zeit um 1969/70 zählt zum Höhepunkt von Davis‘ Schaffensperioden. Aus jener Ära stammt das erst vier Jahre später veröffentlichte Doppelalbum BIG FUN ON THE CORNER. Bei einigen der Tracks lugt bereits der spröde Hardcore-Funk von ON THE CORNER um die Ecke. Ein treibender Bass, polyrhythmische Percussions und Energie geladene Keyboards bilden eine swingende Einheit. Involviert in den Entstehungsprozess waren Koryphäen wie Herbie Hancock, Chick Corea, Joe Zawinul.WayneShorter.John McLaughlin, Dave Holland, Jack DeJohnette und Bennie Maupin, die später in Formationen wie Weather Report, Return To Forever und dem Mahavishnu Orchestra populär werden sollten. Vier bis dato nur auf THE COMPLETE BITCHES BREW SESSIONS veröffentlichte Outtakes runden den Doppeldecker ab. In nahezu gleicher Besetzung entstand 1972 Davis‘ rhythmischstes Werk überhaupt: ON THE CORNER6 *. In sperrigen Kompositionen wie „Black Satin“ oder „Vote For Miles“ faucht und kreischt sich John McLaughlins Wah Wah-getränkte Gitarre durch einen perkussiven Dschungel, in dem Miles, als im Dickicht verstecktes Biest, atonale Brunftlaute von sich gibt. Knapp vier Jahre (von 1970 bis 74) dauerten die Aufnahmen zu GET UP W1TH IT 6 Des Meisters Versuch, Duke Ellington mit Karlheinz Stockhausen zu fusionieren. Zwar liebäugelte er auch mit Afro-Funk, zollte Sly & The Family Stone Tribut, doch vor allem begab er sich mit metaphysischem Gespür auf den von Stockhausen vorgezeichnetenZwölfton-Pfad,, bevor er in knapp sechsjährige Klausur ging. Obwohl sein Output nach 1980 weit weniger Glanzlichter aufweist als in den Jahrzehnten zuvor, nimmt das 1985 eingespielte, jedoch erst 1989 veröffentlichte AURA 5 eine Sonderstellung ein: Zum einen endete damit nach über drei Dekaden das künstlerische Verhältnis mit Columbia, zum anderen war es Davis‘ erstes Big Band-Projekt nach den legendären Gil Evans-Kollaborationen in den 50er Jahren. Die in Kopenhagen unter der Ägide von Palle Mikkelborg komponierte und eingespielte achtteilige Suite spinnt exzellente Improvisationen um die Farbenlehre. Unter den Spätwerken des „Prince Of Darkness“ ein gern übersehener Meilenstein. Der stets sehr selbstkritische Miles notierte dazu in seiner Autobiografie: „I think it’s a masterpiece, I really do!“.

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