Minor Threat statt Public Enemy – ein böser Fehler :: Rappen lernen

von Mark Greif

Eine Rap-Geschichte aus weißer Perspektive – als Buch-Single

Dieses Buch ist schon aus editorischen Gründen interessant: Längere journalistische Formen, Reportagen oder Essays etwa, erfahren in den USA eine Art Renaissance; die beliebte Website longreads.com sammelt sie. Der Suhrkamp Verlag hat darauf mit der Reihe Edition Suhrkamp Digital reagiert – schmale Bücher, die für knapp 5 Euro auf Papier oder als E-Book erhältlich sind. Amazon verkauft diese Zwischenformate als sogenannte Kindle Singles in digitaler Form. Um in dieser Metapher zu bleiben, handelt es sich hier um eine Singleauskopplung: Der Essay „Rappen lernen“ ist auch erschienen in dem Sammelband „Bluescreen“ mit verschiedenen Aufsätzen von Mark Greif, einem Herausgeber des amerikanischen Jungintellektuellenmagazins „n+1“. In „Rappen lernen“ erinnert sich Greif an eine schicksalhafte Entscheidung im Jahre 1989, als man ihm „Complete Discography“ von Minor Threat und „It Takes A Nation Of Millions To Hold Us Back“ von Public Enemy zusteckte. Der Collegeboy entschied sich für die Hardcoreband, für Post-Punk und Indie, gegen HipHop. „Einen Fehler von historischem Ausmaß“, nennt er das heute. Um Buße zu tun, entschließt er sich, selbst Rappen zu lernen, was die Hochachtung nur weiter steigert, denn: „Man ahnt gar nicht, wie schwer Rappen ist, bevor man es einmal ernsthaft versucht.“ Greif beschreibt, warum sich weiße, politisierte Mittelschichtler mit dem HipHop so schwer taten und das Wort „Nigga“ zur Stolperfalle für Typen wie Vanilla Ice werden musste. Manches davon ist nicht neu, aber Mark Greif stellt diese popgeschichtlichen Betrachtungen sehr genau in den Kontext der gesellschaftlichen Entwicklungen in den USA seit den Achtzigerjahren. Voller Überschwang lobt er HipHop als sprachliches Gedächtnis, das einen großen Reichtum an Ausdrucksformen bewahre. Hier findet Greif tatsächlich, was er im Vorwort zu „Bluescreen“ als Hoffnung äußert: „Dass sich das Alltägliche im Angesicht des Apokalyptischen behaupten möge“.

Lady Gaga x Terry Richardson