Mogwai :: Köln, Live Music Hall
Starsailor haben dieses Jahr ihr Fett schon reichlich wegbekommen, Blur und die Gorillaz kann Stuart Braithwhite ohnehin schon länger nicht leiden. Und beim Konzert in der Kölner Live Music Hall mussten dann auch ein paar Kollegen vom selben Plattenlabel dran glauben. „Hello, we are Sigur Ros from Iceland“, mopperte der Vorsitzende der schottischen Band und lieferte damit die erste Konstante im Schaffen des Quintetts aus Glasgow: Menschen aus der eigenen Zunft erfahren bei Mogwai zuverlässig geringe Wertschätzung. Für die zweite Konstante fühlte sich diesmal der Konzertveranstalter verantwortlich. Mit einer fürsorglich-prophylaktischen Bedienungsanleitung für den Mogwai-Gig. Das Konzert könne stellenweise sehr laut werden, man solle doch Ohrenstöpsel verwenden, hieß es warnend. Stellenweise sehr laut? Das ist, gelinde gesagt, schwer untertrieben. Wenn Mogwai ans Werk gehen, kreisen elegische Akkordfolgen minutenlang um sich selbst, verdichten sich dann urplötzlich, und das ganze Instrumentarium gibt derart hemmungslos Gas, als gäbe es kein Morgen – und schwupps! sind wir mitten in einer veritablen Lärmorgie. Die allerdings wird bei Mogwai – und das ist Konstante Nummer drei-regelmäßiggebrochen. Kakophonie ist für die Band ein Stilmittel und kein Selbstzweck, und stets gelingt es den Musikern, Geräusche, Samples und analog erzeugten Krach wieder zu einer Melodie zurückzuführen. Wunderbar, wie sich beim Opener „Mogwai Fear Satan“
peu ä peu eine Querflöte aus den Klangkaskaden herausschälte; ebenso herrlich, wie sie darin wieder versank. Mogwai kredenzten Stücke von allen drei Alben, und besonders die von ihrem zweiten,“Come On Die Young“, gerieten zu einem physischen Konzerterlebnis: die Ohren klingelten, der Magen grummelte, das Bier im Becher vibrierte. Auch zum Finale, bei dem die Band ihre aktuelle Single spielte, die auf einem jüdischen Traditional basiert. Davon merkt man selbstverständlich nichts mehr: „My Father, My King“ klingt eher, als hätten die Schotten ihre Instrumente ausdauernd gegen die Klagemauer geklatscht. Wer das 20-Minuten-Epos im Auditorium mit durchlitten hat, verfügte auf jeden Fall über das, was Mogwai-Konzerte stets zuverlässig liefern: das gewisse Summen extra. Konstante Nummer vier: Nicht nur in, sondern auch zwischen den Ohren.
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